Gicht: So kann man sie erkennen und die Gelenkschmerzen behandeln
Gicht kann eine Ursache für starke Gelenkschmerzen sein. Wie Sie Gicht erkennen, welche Ursachen und Symptome es gibt und wie man sie behandeln kann, erklären wir hier.
Bei plötzlich auftretenden, starken Gelenkschmerzen in Zeh, Knie oder Finger steckt häufig Gicht dahinter. Ausgelöst wird die Krankheit durch die Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken. Wie Sie Gicht erkennen, welche Ursachen und Symptome es gibt und wie man sie behandeln kann, erklären wir hier.
Gicht: Übersicht
Ursachen für Gicht: Gicht entsteht, wenn der Harnsäurespiegel im Blut zu hoch ist (Hyperurikämie) und Harnsäure in kleinen Kristallen ausfällt. Diese lagern sich unter anderem in den Gelenken ab und verursachen dort schmerzhafte Entzündungen.
Risikofaktoren für Gicht: Eine üppige Ernährung mit viel Fleisch, Fisch und Süßwaren, hoher Alkoholkonsum, Übergewicht und das metabolische Syndrom erhöhen das Gichtrisiko.
Gicht erkennen: Einen akuten Gichtanfall erkennt man an starken Schmerzen, Rötung, Schwellung, Überwärmung und Berührungsempfindlichkeit im betroffenen Gelenk – meist in der Großzehe, aber auch in anderen Gelenken, etwa im Finger, Knie oder Mittelfuß.
Diagnose bei Gicht: Die Symptome bei Gicht sind recht eindeutig. Abgesichert wird die Diagnose etwa durch eine Gelenkpunktion, die Bestimmung des Harnsäurespiegels und bildgebende Verfahren.
Gicht behandeln: Ein akuter Gichtanfall kann mit entzündungshemmenden Schmerzmitteln (NSAR), Kortisonpräparaten oder Colchicin behandelt werden. Langfristig ist eine Senkung des Harnsäurespiegels durch eine purinreduzierte Ernährung wichtig, die bei Bedarf durch harnsäuresenkende Medikamente unterstützt wird. So können die Gichtschübe reduziert und der Krankheitsverlauf gebremst werden.
Ernährung bei Gicht: Um den Harnsäurespiegel zu senken, sollten Fleisch, Innereien, Fisch, Meeresfrüchte, fruchtzuckerreiche Speisen und Alkohol gemieden bzw. nur im geringen Maß verzehrt werden. Milch und Milchprodukte, Eier, Obst, Gemüse, Kartoffeln und reichlich Wasser und ungesüßte Tees sind dagegen empfehlenswert.
Gicht: Was ist das und wie entsteht der Gelenkschmerz?
Gicht, medizinisch Arthritis urica genannt, ist eine Stoffwechselstörung, die besonders starke Gelenkschmerzen auslösen kann. Laut dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)1 sind in Industrieländern wie Deutschland ca. ein bis zwei Prozent der Bevölkerung betroffen.
Männer erkranken etwa fünfmal so oft an Gicht wie Frauen und oft schon ab dem 40. Lebensjahr, während Frauen meist erst nach den Wechseljahren Gicht bekommen, da das Östrogen eine Schutzfunktion hat.
Von den ersten Anzeichen bis zu chronischen Komplikationen
Gicht wird durch winzige Harnsäurekristalle verursacht, die sich in den Gelenken ablagern und zu einer schmerzhaften Entzündung führen. Das kann passieren, wenn sich zu viel Harnsäure im Blutkreislauf befindet – Ärzte sprechen von Hyperurikämie. Allerdings bekommt nicht jeder, der einen hohen Harnsäurespiegel hat, auch Beschwerden. Meist ist von Gicht zunächst das Grundgelenk der großen Zehe betroffen. Doch auch in Finger- und Handgelenken, Ellenbogen und Knien sowie in den Sprunggelenken kann sich ein Gichtanfall manifestieren.
Gicht verläuft in Schüben. Zwischen den einzelnen Gichtschüben liegen am Anfang meist etliche Monate. Später im Krankheitsverlauf verkürzen sich die Abstände. Wird die Erkrankung chronisch, bestehen dauerhaft Entzündungen und Schmerzen. Dann können die Harnsäurekristalle sich in sogenannten Gichtknoten ablagern, die auch als Tophi bezeichnet werden. Da die Kristalle sich auch in den Nieren ablagern, können außerdem Nierensteine oder schwere Nierenschäden auftreten.
Gicht oder Rheuma?
Gicht gehört zu den zahlreichen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Spricht man von „Rheuma“, ist meist die rheumatoide Arthritis gemeint. Dabei handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit, bei der das körpereigene Abwehrsystem die Gelenkinnenhäute angreift.
Gicht ist dagegen eine Stoffwechselkrankheit. Gemeinsam sind beiden schmerzende, überwärmte und geschwollene Gelenke. Typisch für Rheuma sind neben den Gelenkschmerzen Müdigkeit, Erschöpfung und eine ausgeprägte Morgensteifigkeit der Gelenke.
Gicht: Ursachen
Auslöser der Gicht ist der erhöhte Harnsäurespiegel im Blut, die Hyperurikämie. Harnsäure ist ein Stoffwechselprodukt, dass beim Abbau von sogenannten Purinen entsteht. Diese sind wiederum Bausteine der Erbsubstanz, also der DNA. Purine fallen deshalb immer dann an, wenn Zellen im Körper absterben oder abgebaut werden.
Außerdem enthalten bestimmte Nahrungsmittel viele Purine, zum Beispiel Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte und manche Gemüsesorten. Da der Körper die Harnsäure nicht verwerten kann, wird sie ausgeschieden, hauptsächlich über die Nieren, in geringerem Maße auch über den Darm. Wenn mehr Harnsäure aus dem Purinabbau entsteht, als die Nieren ausscheiden können, kommt es zur Hyperurikämie.
Grundsätzlich werden zwei Arten von Hyperurikämie bzw. der daraus folgenden Gicht unterschieden:
Primäre Hyperurikämie
Diese macht etwa 95 Prozent der Fälle aus2. Sie ist erblich und in fast allen Fällen dadurch bedingt, dass die Nieren nicht genug Harnsäure ausscheiden können. Als Gicht manifestiert sie sich im Zusammenspiel mit den unten aufgeführten Risikofaktoren. In seltenen Fällen steckt auch ein Enzymdefekt dahinter, der zu einer Überproduktion von Harnsäure führt.
Sekundäre Hyperurikämie
Diese ist mit etwa fünf Prozent der Fälle2 deutlich seltener und wird durch Erkrankungen oder Medikamente verursacht, die zu einem Anstieg der Harnsäure im Blutkreislauf führen – oft durch vermehrten Zelltod. Dazu gehören etwa Leukämie (Blutkrebs), Niereninsuffizienz, Polycythaemia vera, Ketoazidose bei Diabetes mellitus, Psoriasis (Schuppenflechte), eine Chemotherapie mit Zytostatika, Acetylsalicylsäure (ASS) sowie harntreibende Mittel (Diuretika).
Risikofaktoren für Gicht
Zusätzlich zur erblichen Veranlagung oder Erkrankungen gibt es weitere Risikofaktoren, die das Manifestieren einer Gicht begünstigen.
- Eine purinreiche Ernährung mit viel Fleisch, Fisch und Meeresfrüchten. Auch ein hoher Fruktosekonsum erhöht das Gicht-Risiko. Diese ist zum Beispiel in Säften, Softdrinks, Eis, Marmelade, Müsli und Fertigprodukten enthalten. Weil ein akuter Gichtanfall oft durch eine üppige Mahlzeit ausgelöst wird, galt Gicht früher als Krankheit der Reichen.
- Hoher Alkoholkonsum: Alkohol entwässert und hemmt die Ausscheidung von Harnsäure über die Nieren.
- Übergewicht sowie das metabolische Syndrom – eine Kombination aus Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten und einem gestörten Zuckerstoffwechsel.
- Stress, insbesondere starke körperliche Belastungen.
- Strenge Diäten, bei denen viele Zellen abgebaut und dadurch Purine freigesetzt werden.
Symptome: Daran kann man Gicht erkennen
Der Verlauf der Gicht wird klassischerweise in vier Stadien unterteilt. Diese sind teilweise symptomlos, teilweise mit unterschiedlichen Beschwerden verbunden:
I. Hyperurikämie:
Diese besteht laut S2e-Leitlinie Gichtarthritis3, wenn der Harnsäurespiegel im Blut höher ist als 6.8 mg/dl. Eine Hyperurikämie verläuft oft viele Jahre lang symptomlos. Es können aber bereits Nierengrieß und Nierensteine auftreten.
II. Akuter Gichtanfall
Einen akuten Gichtanfall kann man an folgenden Beschwerden erkennen:
- Plötzliche, meist nachts oder frühmorgens beginnende, starke Gelenkschmerzen. Meist ist beim ersten Anfall nur ein Gelenk betroffen, am häufigsten das Großzehengrundgelenk – dann spricht man von Podagra.
- Schwellung, Rötung, Überwärmung und extreme Berührungsempfindlichkeit am betroffenen Gelenk
- Fieber, aber auch Übelkeit, Kopfschmerzen und Herzrasen können als weitere Symptome bei Gichtschüben auftreten
- Meist erreicht der Gichtanfall nach einigen Stunden seinen Höhepunkt und klingt dann innerhalb der nächsten Tage ab.
- Die Haut über der Schwellung kann jucken und sich später abschälen.
Den Entspannungsinseln über progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Meditation, Yoga und autogenes Training bis zu professioneller Unterstützung, wie z. B. Psychotherapie und Schmerztherapie.
III. Interkritische Phase:
So wird der Zeitraum zwischen zwei akuten Gichtschüben bezeichnet, in dem keine Beschwerden auftreten. Trotzdem liegt ein erhöhter Harnsäurespiegel vor.
IV. Chronische Gicht
Wird die Gicht nicht behandelt, kommen die Anfälle immer häufiger, und es sind meist mehrere Gelenke betroffen. Später treten Symptome dauerhaft auf:
- Gelenkgicht: Die Gelenke sind dauerhaft entzündet und schmerzen auch in Ruhe. Bewegungseinschränkungen und Verformungen können die Folge sein.
- Weichteilgicht: Harnsäurekristalle lagern sich als Gichtknoten (Tophi) unter der Haut ab – häufig an den Ohren, an Zehen und Fingern, am Ellenbogen oder den Achillessehnen.
- Nierengicht: Oft schon vor dem ersten Gichtschub können Harnsäurekristalle Nierengrieß bilden, der sich später zu Nierensteinen zusammenklumpt. Das kann zu einem Harnstau und schlimmstenfalls zu einem Nierenversagen führen.
Gicht: Wenn die Finger betroffen sind
In der Regel betrifft Gicht vor allem Zehen, Füße und Knie. Seltener tritt Gicht in den Fingern und Händen auf, dies wird als Chiragra bezeichnet. Am häufigsten ist das Daumengrundgelenk betroffen. Warum Gicht in einem bestimmten Gelenk und nicht in einem anderen auftritt, ist noch nicht geklärt.
Gichtfinger werden oft als besonders unangenehm empfunden, da die Hände ständig gebraucht werden und Schmerzen und Schwellungen die Beweglichkeit stark einschränken können. Kommt es aufgrund von Gicht zu Verformungen der Finger, kann dies die Funktion der Hände und damit den Alltag noch stärker behindern. Die Therapie bei Gicht im Finger entspricht der allgemeinen Behandlung der Krankheit.
Gicht: Diagnose
Bei plötzlichen, starken Gelenkschmerzen sollte man immer zum Arzt gehen. Die Verdachtsdiagnose Gicht ist meist schnell gestellt und kann mit verschiedenen Verfahren bestätigt werden.
- Meist deuten die typischen Symptome und bestehende Risikofaktoren schon deutlich auf eine mögliche Gicht hin.
- Eine Bestimmung des Harnsäurespiegels kann die Diagnose absichern. Allerdings sinkt dieser während eines akuten Gichtanfalls oft in den Normalbereich.
- Mittels einer Gelenkpunktion kann der Arzt die Gelenkflüssigkeit untersuchen. An daran befindlichen Harnsäurekristallen lässt sich Gicht erkennen.
- Als bildgebende Verfahren eignen sich Ultraschall und die sogenannte Dual-Energy-Computertomographie (DECT). Durch Röntgen lässt sich Gicht weniger gut darstellen.
Gicht: Therapie
Bei der Behandlung von Gicht kommt es auf zwei Dinge an: Zunächst gilt es, den akuten Gichtanfall zu lindern, vor allem die oft extrem starken Schmerzen. Langfristig muss der Harnsäurespiegel gesenkt werden, um ein Fortschreiten des Krankheitsverlaufs zu verhindern.
So lässt sich ein akuter Gichtanfall behandeln
- Bei einem akuten Gichtanfall werden in der Regel entzündungshemmende Schmerzmittel, sogenannte NSAR, eingesetzt. Dazu gehören etwa Diclofenac, Ibuprofen, Indomethacin oder Naproxen.
- Kortisonpräparate können als Tabletten verordnet oder direkt in das Gelenk gespritzt werden.
- Das ursprünglich aus der Herbstzeitlosen stammende Gichtmedikament Colchicin wird heute nicht mehr ganz so häufig eingesetzt.
- Eine Hilfe kann die Kühlung des betroffenen Gelenks sein, die oft als angenehm empfunden wird.
- Es empfiehlt sich, viel zu trinken, um die Konzentration der Harnsäure im Urin zu verringern.
So lässt sich Gicht langfristig behandeln
- Eine Ernährungsumstellung auf eine möglichst purinarme Kost kann den Harnsäurespiegel senken. Auch Alkohol und Fruchtzucker sollten nur in Maßen genossen werden.
- Der Abbau von Übergewicht wirkt sich ebenfalls senkend auf den Harnsäurespiegel aus. Vorsicht: Nicht zu schnell abnehmen, starker Gewichtsverlust kann einen Gichtanfall auslösen.
- Maßvolle Bewegung tut den Gichtgelenken gut.
- Reichen konservative Maßnahmen nicht aus, kann der Arzt harnsäuresenkende Medikamente wie Allopurinol, Febuxostat oder Benzbromaron verordnen.
- Physikalische Therapien wie Ultraschall, Wärme- oder Kältebehandlung, Krankengymnastik oder Ergotherapie können Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern.
- In schweren Fällen lassen sich Gichtknoten sowie Verformungen an den Gelenken mit Hilfe einer Operation entfernen beziehungsweise korrigieren.
Gicht: Ernährung
Eine besonders wichtige Rolle bei der Behandlung von Gicht spielt die richtige Ernährung. Diese sollte möglichst purinarm sein, man muss aber nicht völlig auf purinhaltige Lebensmittel verzichten. Fruchtzucker und Alkohol sollten ebenfalls nur maßvoll verzehrt werden, da sie die Harnsäureausscheidung behindern.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über empfehlenswerte und nicht empfehlenswerte Lebensmittel bei Gicht.
Empfehlenswert | Weniger bzw. nicht empfehlenswert |
(fettarme) Milch und Milchprodukte wie Joghurt, Quark, Käse | Fleisch, insbesondere fettes Fleisch, Innereien und Haut (Bratenkruste, Geflügelhaut) |
Eier | Fisch, vor allem fettreiche Sorten wie Hering, Sprotten, Lachs, Makrele und Ölsardinen, Schalen- und Krustentiere |
Fast alle Gemüsesorten, Kartoffeln | Hülsenfrüchte (Erbsen, Linsen), Sojaprodukte, Spinat, Spargel, Pilze |
Reis, Weizen, Nudeln | Hafer, Buchweizen |
Mandeln, Hasel- und Walnüsse | Erdnüsse, Sonnenblumenkerne. |
Obst | Trockenobst sowie fruchtzuckerreiche Süßspeisen und Fertigprodukte wie Eis, viele Backwaren, Pizza und Marmelade |
(Mineral-)Wasser, ungesüßte Kräuter und Früchtetees, dünne Saftschorlen, in Maßen auch Kaffee und Tee | Alkoholische Getränke, insbesondere Bier, da es zusätzlich purinreich ist |
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Stand 01.2023
Ratgeber
Rheuma
Eine Rheumatoide Arthritis (umgangssprachlich Rheuma) löst Gelenkentzündungen aus. Gelenkschmerzen und morgendliche Gelenksteifigkeit sind die häufigsten Symptome. Ursache ist oft eine genetische Veranlagung.
Gicht
Gicht entsteht, wenn der Harnsäurespiegel im Blut zu hoch ist und Harnsäure in kleinen Kristallen ausfällt. Diese lagern sich unter anderem in den Gelenken ab und verursachen sehr schmerzhafte Entzündungen.
Arthrose
Arthrose ist eine degenerative Gelenkerkrankung, die durch einen fortschreitenden und schmerzhaften Knorpelabrieb gekennzeichnet ist. Die Erkrankung verläuft chronisch mit entzündlichen Schüben.
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