Die Kunst der Bewegung: Ausdauer, Kraft und Koordination im Einklang
Bewegung und Sport sind für die Gelenkgesundheit von zentraler Bedeutung. 21 Minuten täglich sollten Menschen mindestens körperlich aktiv sein, rät die Weltgesundheitsorganisation WHO¹, denn: Nur Gelenke, die regelmäßig genutzt und beansprucht werden, können ausreichend mit wichtigen Vitalstoffen versorgt werden – egal, ob sie noch nicht schmerzen oder sich bereits Beschwerden entwickelt haben.
Deshalb erkunden wir in diesem Beitrag die fünf grundlegenden Elemente körperlicher Fitness: Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Schnelligkeit. Sie bilden das Fundament für ein ganzheitliches Trainingsprogramm, das Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden steigert.
Fünf ist Trumpf
Evolution und Natur scheinen ein gemeinsames Faible zu haben: So besitzen z.B. fast alle Wirbeltiere fünf Finger und fünf Zehen. Ihre Umwelt nehmen sie meistens ebenfalls mit fünf Sinnen wahr: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten. Seesterne wandern mit fünf Armen über den Meeresboden.
Einige Pflanzen entwickeln fünfzählige Blüten oder, wie der Apfel oder die Birne, fünfstrahlig aufgebaute Früchte. Eine Werbung von 1993 für die damals neuen fünfstelligen Postleitzahlen brachte es auf den Punkt: „Fünf ist Trumpf.“
Es ist bekannt, dass das auch für jede Bewegung gilt, die mit dem Körper ausgeführt wird. Egal, ob gejoggt, getanzt, geschwommen oder eine Übung aus diesem Programm gemacht wird, diese fünf „Zutaten“ sind immer mit von der Partie:
Die magischen 5 der Bewegung
- Ausdauer
- Kraft
- Beweglichkeit
- Koordination
- Schnelligkeit
Hier erfährt man, warum sie so wichtig sind und wie sie zusammenwirken. Nicht für jede Bewegung wird von allen „Zutaten“ gleich viel benötigt. Mal kommt es z.B. mehr auf Kraft an, mal mehr auf Ausdauer. Die Fünf beeinflussen sich auch wechselseitig. Aber das Beste ist: Durch Training können sie alle nachhaltig verbessert werden.
#1: Ausdauer – Länger durchhalten
Eine Trainingseinheit, nach der man zu Beginn total aus der Puste war, kann bereits nach relativ kurzer Zeit problemlos absolviert werden. Wie geht das? Wird regelmäßig (Ausdauer-)Sport getrieben, kommt es zu einer gesunden Vergrößerung des Herzens.
Seine Höhlen (zwei Kammern, zwei Vorhöfe) werden geräumiger, seine Wände dicker. Dadurch wird das Herz leistungsfähiger, das Herzinfarkt-Risiko sinkt. Die Ausdauer verbessert sich außerdem nachhaltig, weil…
- der Ruhepuls abnimmt
- der Blutdruck sinkt
- die Blutfett-Werte sich verbessern
- der Blutzucker-Spiegel zurückgeht
- der Körper besser mit Sauerstoff versorgt wird.
Am besten dafür geeignet sind, wie ihr Name schon sagt, Ausdauersportarten, z.B.:
- Joggen
- Walken
- Wandern
- Schwimmen
- Radfahren
- Tanzen
Idealerweise sollte pro Woche mindestens 150 Minuten so bewegt werden, dass die Anstrengung eindeutig spürbar ist, dabei aber noch unterhalten werden kann.
#2: Kraft – Stärker werden
Wer länger keinen Sport getrieben und nur selten körperlich aktiv war, für den stellt erst mal jede Übung und jedes Training eine ungewohnte Belastung dar. Die häufigste Folge: Muskelkater. Der kann zwar schmerzhaft sein, lässt aber in der Regel spätestens nach einer Woche von selbst wieder nach.
Lange Zeit wurde angenommen, dass Muskelkater bei ungewohnten Bewegungsabläufen entsteht, weil die Muskeln „übersäuern“, da sich in ihnen Laktat, ein Milchsäuresalz, anreichert. Dies kann zwar tatsächlich geschehen, wenn Muskelzellen zu wenig Sauerstoff für die Energiegewinnung zur Verfügung steht. Dies führt aber nicht zu Muskelkater, sondern eher zu Muskelermüdung.
Für Muskelkater sind tatsächlich winzige Risse in den Muskelfasern verantwortlich, die bei hohen und ungewohnten körperlichen Belastungen entstehen können. Diese Mikrorisse lösen eine körpereigene Entzündungsreaktion aus. Es kommt Wassereinlagerungen (Ödemen). Der Muskel schwillt an und tut weh. Deshalb ist es wichtig, trotz Muskelkater ein wenig in Bewegung zu bleiben. Dadurch können Entzündungsbotenstoffe schneller abtransportiert werden.
Insbesondere Krafttraining hat aber noch einen weiteren Vorteil: Es setzt in den Muskeln eine Art Wachstumsreiz frei, denn: Durch intensive Belastung steigt gewissermaßen die Spannung im Muskelgewebe und die sogenannten Z-Scheiben im Muskelgewebe werden infolgedessen größer.
An diesen Z-Scheiben sind spezielle Eiweißfäden befestigt, ohne die sich kein Skelettmuskel zusammenziehen könnte. Werden die Z-Scheiben durch Krafttraining größer, entsteht also mehr Platz für neue Eiweißfäden. Der Muskel wächst. Dafür muss allerdings 60–80 Prozent der maximalen Kraft des Muskels aufgewendet werden, sonst ist der Wachstumsreiz zu gering. Wie schnell Muskeln wachsen und die Kraft zunimmt, hängt aber auch von den Genen ab.
Noch wichtiger: Muskeln wachsen nicht beim Krafttraining, sondern in den Ruhephasen danach. Sie benötigen nach der Belastung 1–2 Tage Pause, um sich zu regenerieren. Trainiert man also zu oft, bleibt dieser Effekt aus und die Leistungsfähigkeit sinkt. Entwickelt man aber mehr Muskelkraft, wirkt sich dies auch an anderen Stellen positiv aus.
Positive Auswirkungen am gesamten Körper
- Die Wirbelsäule wird stabilisiert. Nackenschmerzen und Rückenschmerzen können dadurch seltener auftreten.
- Nicht nur die Muskeln, sondern auch die Knochen werden gestärkt. Alte Knochenmasse wird- und neue Knochenmasse aufgebaut. Das kann das Osteoporose-Risiko senken.
- Die Gelenke werden stabilisiert und dem Gelenkverschleiß wird vorgebeugt. Dadurch können z.B. Schulterschmerzen oder Knieschmerzen seltener auftreten.
- Die Muskeln verbrennen mehr Kohlenhydrate und Fette, was sich mittelfristig positiv auf das Körpergewicht auswirken kann. Und: Je weniger Gewicht die Gelenke im Körper zu tragen haben, desto besser für ihre Gesundheit.
- Das Herz-Kreislauf-System wird gestärkt.
#3: Beweglichkeit – Geschmeidiger bleiben
„Wer rastet, der rostet“, warnt der Volksmund und meint damit im übertragenen Sinne, dass Beweglichkeit und Flexibilität der Gelenke umso mehr nachlassen, je seltener sie für körperliche Aktivitäten genutzt werden.
Die Warnung „Sitzen ist das neue Rauchen“ weist in eine ganz ähnliche Richtung. Um Muskelkater und womöglich schlimmere Verletzungen nach längeren Trainingspausen oder nach ausgedehnter körperlicher Inaktivität zu vermeiden, sind Aufwärm- und Dehnübungen vor und nach dem Sport wichtig. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang auch von einem „Warm-up“ (engl.: Aufwärmen) und einem „Cool-Down“ (engl.: Abwärmen), die idealerweise vor und nach keiner sportlichen Aktivität ausfallen sollten.
Vor allem mit gezielten Dehnübungen kann die Beweglichkeit der Muskeln und Gelenke gezielt verbessert werden. Werden solche Dehnübungen mit kräftigenden Einheiten kombiniert, kann auf diese Weise obendrein der Gleichgewichtssinn geschult und Fehlhaltungen vorgebeugt werden. Mehr Beweglichkeit senkt also auch das Verletzungsrisiko.
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#4: Koordination – Geschickter agieren
Je öfter eine bestimmte Bewegung bereits ausgeführt wurde, desto „ganzheitlicher“ legt das Gehirn sie im Gedächtnis ab und umso schneller, automatisierter kann sie mit der Zeit abgerufen werden. Das spart Zeit und Energie. Doch je häufiger ein bestimmter Bewegungsablauf bereits ausgeführt wurde, desto schwieriger wird es, die einzelnen Schritte, aus denen er sich zusammensetzt, z.B. einem Anfänger in einer Sportart anschaulich zu erläutern.
Bestes Beispiel: Kindern erklären, wie sie ihre Schnürsenkel richtig binden. Der enorme Vorteil: Je besser ein Bewegungsablauf verinnerlicht wurde, desto gezielter kann er weiter verfeinert und an ihm gefeilt werden.
Die Geschicklichkeit nimmt kontinuierlich zu. Das liegt vor allem daran, dass das Zusammenspiel zwischen Gehirn, Nerven und Muskulatur immer reibungsloser funktioniert. Koordinationsübungen können diesen Prozess unterstützen, z.B.:
- Tai-Chi
- Qigong
- Yoga
- Jonglieren
Obendrein wird damit der Gleichgewichtssinn trainiert (siehe „Beweglichkeit“). Das kann insbesondere bei älteren Menschen das Sturzrisiko senken.
#5: Schnelligkeit – Rascher reagieren
Mit wachsender Trainingserfahrung werden die Übungen nicht nur geschickter durchgeführt (siehe „Koordination“), sondern die Bewegungen können auch immer schneller richtig ausgeführt werden.
Die Formel lautet: Kraft + Koordination = Beschleunigung. Darauf kommt es in diesem Präventionsprogramm zwar nicht so an. Es sollte vor allem darauf geachtet werden, dass Übungen korrekt ausgeführt werden. Es sollte die Zeit genommen werden, die benötigt wird. Aber grundsätzlich zu wissen, dass z.B. beim Joggen, Walken oder Schwimmen tatsächlich auch immer schneller werden kann, spornt schon an, oder?
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Stand: 02.2024
Quellenangaben
- https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/physical-activity am 03.02.2022.
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