Zehn Tipps für den Arztbesuch bei Gelenkschmerzen
Zum Arzt geht niemand gern. Umso wichtiger, die ohnehin meist knapp bemessene Zeit in der Praxis bestmöglich für sich und sein Anliegen zu nutzen. Mit kluger Vorbereitung und ein wenig Fingerspitzengefühl gelingt das.
Hier kommen zehn Tipps, die dafür sorgen, dass niemand nach einem Arztbesuch mehr Fragezeichen im Kopf hat als vorher.
Viele gute Gründe für einen Arztbesuch
Im Schnitt geht jede(r) Deutsche pro Jahr etwa 3-5 Mal zu einer Ärztin oder einem Arzt.¹ Viele dieser Arztbesuche haben das Ziel, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, kurz AU, ausgestellt zu bekommen, um nicht krank zur Arbeit gehen zu müssen.
Nach Angaben der Krankenkasse DAK kam jede(r) Beschäftigte 2023 auf diese Weise auf fast fünf Fehltage, obwohl es keine Sommergrippewelle gab und Corona nahezu zum Erliegen gekommen war.²
Die meisten Fehltage wurden durch folgende Erkrankungen verursacht:
• Infektionen der Atemwege (v.a. Erkältung, Grippe)
• Beschwerden des Muskel-Skelett-Systems (z.B. Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen)
• Psychische Diagnosen (z.B. Depressionen, Ängste)
Doch nicht nur akute Beschwerden, sondern auch chronische Erkrankungen wie Rheuma, Diabetes oder Bluthochdruck müssen regelmäßig ärztlich begutachtet und überwacht werden. Darüber hinaus gehen einige Menschen auch zum Arzt, um gar nicht erst ernsthaft krank zu werden. Sie lassen sich z.B. impfen oder nehmen Vorsorgeuntersuchungen wie z.B. eine Mammografie oder eine Darmspiegelung in Anspruch.
Des Weiteren muss z.B. auch eine Schwangerschaft kontinuierlich untersucht werden. Und ist das Kind dann auf der Welt, folgen weitere Vorsorgeuntersuchungen bei der Kinderärztin oder dem Kinderarzt, die oder den Mütter und Väter selbstverständlich auch aufsuchen müssen, wenn ihre Kinder krank werden.
Gut zu wissen: Während der Arbeitszeit zum Arzt?
Viele tun es, aber laut Gesetz (oder Tarifvertrag) sind Arztbesuche während der Arbeitszeit tatsächlich nur in Ausnahmefällen erlaubt. Grundsätzlich müssen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer immer bemühen, eine Arztpraxis vor oder nach der Arbeit aufzusuchen. Es sei denn, es treten bei der Arbeitszeit akute Beschwerden auf, z.B. Zahnschmerzen.
Vorsorgeuntersuchungen sind dagegen z.B. kein akuter Grund für einen Arztbesuch während der Arbeitszeit. Bietet eine Arztpraxis jedoch nur Termine während der Arbeitszeit an, sollten sich Arbeitnehmer dort bescheinigen lassen, dass eine Untersuchung zeitlich nicht anders möglich ist.
In jedem Fall sollten Arbeitnehmer immer ihre Vorgesetzte oder Ihren Vorgesetzen rechtzeitig darüber informieren, wenn sie an einem Arbeitstag zum Arzt müssen.
Der Arztbesuch selbst gilt juristisch als Privatsache, das heißt: Arbeitnehmer müssen ihrem Betrieb nicht den Grund für den Arztbesuch nennen.
Alle Arztbesuche haben eines gemeinsam
Die Gründe für einen Arztbesuch sind also vielfältig. Doch sie haben eines gemeinsam: Etwas stimmt nicht. Ganz und gar nicht. Mit dem Körper oder mit der Seele.
Menschen, die eine Arztpraxis aufsuchen, geht es nicht gut. Möglicherweise haben sie erst mal versucht, sich mit Hausmitteln und frei verkäuflichen Medikamenten selbst zu behandeln.
Aber es wurde nicht besser, vielleicht sogar schlimmer. Wer also eine Arztpraxis aufsucht, macht sich Sorgen, hat vielleicht Schmerzen, Fieber, misstraut dem eigenen Körper und will, dass das wieder aufhört. Der Arzt soll helfen – so schnell wie möglich. Deshalb hier gleich der erste Tipp für den Arztbesuch:
Tipp 1 für den Arztbesuch: In die Schuhe des Gegenübers schlüpfen
Patienten sollten immer im Hinterkopf behalten, dass die Person am anderen Ende des Stethoskops auch bloß ein Mensch ist und kein „Gott in Weiß“.
Jede Ärztin und jeder Arzt spricht Woche für Woche mit hunderten Patienten, die alle Anspruch auf eine genaue Diagnostik haben und alle eine Behandlung erwarten, die schnell Heilung oder wenigstens Linderung bringt – eine enorme Verantwortung. Ihr gerecht zur werden, wird für viele niedergelassene Ärzte bei immer knapper bemessenen Zeit- und Erstattungsbudgets zunehmend schwieriger.
Um den Beruf trotzdem langfristig ausüben zu kommen, ist eine emotional-professionelle Distanz zum Patienten unabdingbar. Häufig wird sie von diesen jedoch als Desinteresse, Oberflächlichkeit oder Gefühlskälte missdeutet. Aber dieser Eindruck stimmt nicht. Für die Ärztin oder den Arzt hat dieses Verhalten vielmehr auch etwas mit Selbstschutz zu tun.
Nichtsdestotrotz kann auch ein Arzt mal einen schlechten Tag haben. Vielleicht wirkt sie oder er im ersten Moment ein wenig gedankenverloren. Aber wie sollte das auch anders sein, wenn die Medizinerin oder Mediziner gerade einem anderen Menschen mitteilen musste, dass er eine schwere, vielleicht sogar eine lebensbedrohliche Krankheit hat?
Keiner ist unfehlbar und niemand perfekt
Möglicherweise weiß die Ärztin oder der Arzt nicht sofort ganz genau, worüber er mit dem Patienten beim letzten Termin gesprochen hat. Nur: Der Patient muss sich lediglich an ein Ereignis erinnern. Die Ärztin oder der Arzt hat dagegen hunderte Gespräche im Kopf, die oft ähnlich ablaufen und schafft es deshalb vielleicht nicht, sich an jedes Detail zu erinnern. Und, ja, Ärzte werden auch mal selbst krank und brauchen auch mal Urlaub. Das ist menschlich.
Zugegeben, es fällt nicht immer leicht, in die Schuhe seines Gegenübers zu schlüpfen. Aber es kann eine sehr wichtige Voraussetzung dafür schaffen, dass sich seltener Misstöne und Missverständnisse entwickeln und der Arztbesuch für beide Seiten erfolgreich verläuft.
Tipp 2 für den Arztbesuch: Experte in eigener Sache werden.
Ja, die Ärztin oder der Arzt hat Medizin studiert, vielleicht geforscht und beschäftigt sich seit Jahren mit ihrem oder seinem Fachgebiet. Doch das bedeutet keinesfalls, dass Ärztinnen und Ärzte ihren Patientinnen und Patienten alles abnehmen können.
Ärzte können Diagnosen stellen, Therapien verordnen und Folgetermine vereinbaren, um den Heilungsverlauf zu beobachten. Aber wie gut eine Behandlung anschlägt, hängt vor allem davon ab, wie „therapietreu“ sich Patientinnen oder Patienten in ihrem Alltag, zwischen den Arztterminen verhalten und wie gewissenhaft sie sich an die Empfehlungen Ihrer Ärztin oder Ihres Arztes halten. Diese Verantwortung muss jeder Patient für sich selbst übernehmen.
Wer sich informiert, übernimmt Verantwortung
Dies fällt umso leichter, je besser Patientinnen und Patienten über ihre Erkrankung informiert sind. Das gilt grundsätzlich auch für meist harmlose Wehwehchen wie z.B. Grippe oder Rückenschmerzen, aber besonders für chronische und schwerwiegende Erkrankungen wie Rheuma oder Krebs.
Je besser Patienten die Hintergründe und Notwendigkeiten ihrer Behandlungen verstehen, desto stärker stehen sie dahinter und umso „therapietreuer“ können sie sich verhalten. Das kann sich im weiteren Verlauf auch wieder positiv auf das Arztgespräch auswirken: Gut informierten Patienten fällt es nämlich leichter, über ihre Krankheit zu sprechen und gezieltere Nachfragen zu stellen.
Wie können Patienten zu Experten in eigener Sache werden?
Dazu müssen sie keine medizinischen Fachbücher wälzen. Viele medizinischen Fachgesellschaften bieten z.B. auch für Betroffene leicht verständlich geschriebene Broschüren und Webseiten zu unterschiedlichen Krankheitsbildern an. Darüber hinaus existieren mittlerweile zu vielen Erkrankungen Selbsthilfe-Organisationen, die von Betroffenen für Betroffene ins Leben gerufen wurden.
Auch diese tragen auf ihren Internetseiten wertvolle Informationen zusammen und bieten in vielen Fällen zusätzliche Beratung sowie Selbsthilfegruppen vor Ort an. Last, not least wurden von vielen Ärzten sowie Betroffenen anschauliche Bücher und Ratgeber zu zahlreichen Krankheitsbildern verfasst, die ebenfalls dabei helfen können, Expertin oder Experte in eigener Sache zu werden.
Empfehlenswerte Anlaufstellen für Patienten mit Gelenkschmerzen:
• Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU)
• Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (DGOOC)
• Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)
• Deutsche Rheuma-Liga
• Deutsche Schmerzliga
Tipp 3 für den Arztbesuch: Gut vorbereitet sein.
Denn im Schnitt dauert ein Arztgespräch in Deutschland weniger als acht Minuten. Und 80% der „Kontaktzeiten“, wie Forschende dazu sagen, betragen weniger als 15 Minuten³.
Ja, es ist richtig, sich darüber zu beklagen und Verbesserungen im Gesundheitssystem zu fordern. Das wird aber kurzfristig nichts daran ändern, dass das nächste Arztgespräch erneut nach wenigen Minuten endet.
Umso wichtiger ist es, sich einen Plan zurechtzulegen. Dabei können folgende Überlegungen helfen:
Wie hat sich mein Gesundheitszustand seit meinem letzten Termin entwickelt?
In diesem Zusammenhang kann z.B. ein Symptom- oder (Gelenk-)Schmerz-Tagebuch sehr hilfreich sein. Es sollte idealerweise jeden Tag festgehalten werden, ob und wann Beschwerden aufgetreten sind, wie stark sie waren (z.B. auf einer Skala von 1 bis 10) und wie lange sie anhielten.
Bei vielen Schmerzerkrankungen können auch Einflüsse wie Stress, Schlafmangel, hormonelle Umstellungen oder bestimmte Lebensmittel Schmerzattacken begünstigen. Bewusstes Entspannen, Ruhe, Wärme, schöne Musik oder ein Spaziergang können Schmerzattacken dagegen verhindern.
Auch das gehört ins Tagebuch: Was tat mir gut? Was tat mir nicht gut? – Solche Aufzeichnungen sollten Patientinnen und Patienten beim Arztgespräch möglichst immer bei sich haben.
Was hat sich durch die Behandlung verändert?
Insbesondere, wenn die Ärztin oder der Arzt Medikamente verordnet hat, kommt es darauf an, zu beobachten und festzuhalten, ob und wie diese wirken. Wie schnell tritt die Wirkung ein? Ist die Dosierung ausreichend, zu hoch oder zu niedrig?
Treten unangenehme Nebenwirkungen auf und wenn ja, welche? Mussten neben dem verordneten Präparat weitere Arzneimittel eingenommen werden? Gibt es eventuell Schwierigkeiten bei der Einnahme oder Anwendung des Medikaments (z.B. Einnahmezeitpunkt, Teilbarkeit der Tabletten, Handhabung der Spritzen usw.)? – Helfen Medikamente nicht so wie erhofft, sollte dies unbedingt mit dem Arzt besprochen werden.
Was will ich für mich mit dem Arztgespräch erreichen?
Acht Minuten sind schnell vorbei. Deshalb kommt es darauf an, sich klar zu fokussieren. Auch die Ärztin oder der Arzt hätte sicher gern mehr Zeit für weitere Fragen (siehe Tipp 1). Aber das Wartezimmer ist voll und in Behandlungszimmer zwei und drei sitzt schon die nächste Patientin oder der nächste Patient.
Also: Vorher festlegen, welche Fragen die Ärztin oder der Arzt auf jeden Fall beantwortet soll. Dabei gilt: Je komplexer eine Frage ausfällt, umso mehr Zeit wird ihre Beantwortung in Anspruch nehmen und umso weniger Fragen können insgesamt im Arztgespräch gestellt werden. Auch hier gilt also: Weniger ist mehr. Nichtsdestotrotz sollten Patientinnen und Patienten immer nachfragen, wenn sie etwas nicht verstehen.
Tipp 4 für den Arztbesuch: Unterstützung holen.
Vier Augen sehen und vier Ohren hören mehr als zwei. Patienten sollten sich also von einer Vertrauensperson begleiten lassen. Das kann z.B. die Partnerin oder der Partner sein, die erwachsene Tochter, der erwachsene Sohn oder ein anderer Angehöriger. Aber auch die beste Freundin oder der beste Freund darf zum Arztgespräch mitkommen.
Wichtig ist, die Praxis vorher darüber zu informieren, wer mitkommen und dabei sein wird und ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass diese Person alles mithören und sich gegebenenfalls auch Notizen machen darf.
Die Begleitperson sollte über die Erkrankung Bescheid wissen, um die es in dem Arztgespräch gehen wird. Außerdem sollten Patientinnen und Patienten mit ihr vor dem Termin besprechen, was sie von ihr in der Praxis erwarten:
• Soll die Vertrauensperson „nur“ zuhören und/oder das Ganze durch ihre Anwesenheit einfach etwas leichter machen?
• Soll sie selbst aktiv Fragen stellen?
• Soll sie hinterher Zeit haben, um das Arztgespräch nochmal gemeinsam Revue passieren zu lassen?
Diese Punkte sollten im Vorwege geklärt werden. Wenn möglich, sollten sich Patientinnen und Patienten immer von derselben Person begleiten lassen. Es ist aber auch vollkommen in Ordnung, auch mal allein in das Arztgespräch zu gehen.
Tipp 5 für den Arztbesuch: Wichtige Dokumente aushändigen lassen.
Obwohl Patienten in der Regel kein Schriftstück unterzeichnen müssen, kommt automatisch ein Vertrag zustande, wenn sie eine Arztpraxis betreten: der Behandlungsvertrag. Ihr Vertragspartner ist, heißt es auf Juristen-Deutsch, der „Behandelnde“.
Dabei kann es z.B. um folgende Personen handeln:
• Eine (Fach-)Ärztin oder einen (Fach-)Arzt
• Eine Psychotherapeutin oder ein Psychotherapeut
• Eine Heilpraktikerin oder ein Heilpraktiker
Die oder der „Behandelnde“ verpflichtet sich, eine medizinische Leistung zu erbringen. Patientinnen und Patienten wollen diese in Anspruch nehmen.
Ferner haben sie Anspruch darauf, dass eine Behandlung den allgemein anerkannten fachlichen Standards entspricht. Ein Recht auf einen Behandlungs- oder gar Heilungserfolg lässt sich daraus allerdings nicht ableiten.⁴
Darüber hinaus müssen Patienten umfassend und verständlich über ihre Behandlung informiert und aufgeklärt werden. Dazu gehören die notwendigen Untersuchungen, die Diagnose(n), die geplanten Therapien und die zu erwartende gesundheitliche Entwicklung.
Patienten müssen außerdem genau über Risiken und Chancen einer Behandlung aufgeklärt werden. Stehen mehrere Therapien zur Auswahl, die mit unterschiedlichen Belastungen, Risiken und Heilungschancen verbunden sind, müssen Patienten auch darüber umfassend informiert werden.
Checkliste: Wurde ich umfassend aufgeklärt? (JA/NEIN)
Ja | Nein | |
Wurde mir umfassend und verständlich erklärt, welche Untersuchungen anstehen und wie diese ablaufen? | ||
Wurden mir die Untersuchungsergebnisse (z.B. Laborwerte, Röntgenbilder) anschaulich erläutert? | ||
Wurde mir meine Diagnose ausführlich und verständlich erklärt? | ||
Wurde mit mir der weitere Krankheitsverlauf (mit oder ohne Behandlung), die Heilungsaussichten und mögliche Folgeerkrankungen besprochen? | ||
Wurde mir erklärt, welche Behandlungsschritte erfolgen sollen? | ||
Ist die Ärztin/der Arzt auch darauf eingegangen, wie notwendig oder dringend die Behandlung ist? | ||
Wurden mir die Chancen, aber auch die Risiken der Behandlung aufgezeigt? | ||
Hat mich die Ärztin/der Arzt auf mögliche Behandlungsalternativen und ihre Vor- und Nachteile hingewiesen? | ||
Hat mich die Ärztin/der Arzt auf mögliche Behandlungsalternativen und ihre Vor- und Nachteile hingewiesen? | ||
Ist die Ärztin/der Arzt auf die Wirkung und auf mögliche Nebenwirkungen der Medikamente eingegangen? | ||
Wurde ich über Kosten, die nicht von meiner gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden, vorab schriftlich informiert? |
Jeder Fall muss dokumentiert werden
Ärztinnen und Ärzte sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Behandlung von allen Patienten in einer Akte zu dokumentieren (auf Papier oder digital). Diese Patientenakten müssen Ärzte nach Abschluss einer Behandlung 10 Jahre lang aufbewahren.
Folgende Punkte müssen in jeder Patientenakte zeitnah und vollständig dokumentiert werden:
• Erfassung der Krankengeschichte (Anamnese): körperliche Beschwerden, psychische Verfassung, soziale Belastungen, Krankheitsfälle in der Familie
• Diagnosen (z.B. Rückenschmerzen, Rheuma, Herzinfarkt oder Bluthochdruck)
• Untersuchungen und deren Ergebnisse und Befunde (z.B. Ultraschall, Laborwerte, EKG)
• Therapien und ihre Wirkungen (Arzneimittel, auftretende Nebenwirkungen)
• Eingriffe und ihre Wirkungen (etwa OP-Berichte, Narkoseprotokolle)
• Aufklärungen und Einwilligungen
• Arztbriefe (Mitteilungen anderer Mediziner)
Patienten haben jederzeit das Recht, ihre vollständigen Behandlungsunterlagen einzusehen. Sie dürfen darüber hinaus Abschriften aus der Patientenakte verlangen. Die Arztpraxis muss ihnen z.B. fotokopierte Unterlagen oder entsprechende Datenträger zur Verfügung stellen.
Die Kosten dafür muss allerdings Patienten übernehmen. Geht es jedoch um das Einholen einer Zweitmeinung bei einer anderen Ärztin oder einem anderen Arzt, übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Zusammenstellung und Überlassung der Behandlungsunterlagen (siehe Tipp 8).
Plus-Tipp: Unabhängig davon, warum Patienten ihre Behandlungsunterlagen angefordert haben, sollten sie diese selbst gut zuhause in einem Ordner oder einer Mappe aufbewahren, um sie jederzeit griffbereit zu haben.
Fordern andere Stellen, z.B. die Krankenkasse oder eine Sozialbehörde Behandlungsunterlagen an, sollten Patienten jedoch keine Originaldokumente aus der Hand geben, sondern immer Kopien anfertigen und nur diese einreichen.
Tipp 6 für den Arztbesuch: IGeL-Angebote genau prüfen
Bei vielen Erkrankungen könne Ärztinnen und Ärzte Untersuchungen oder Behandlungsmaßnahmen anbieten, die nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden. Dabei handelt es sich um sogenannte „Individuelle Gesundheitsleistungen“, kurz IGeL.
Sie werden vor allem deshalb nicht oder nur in Einzelfällen von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet, weil bislang in Studien nicht ausreichend nachgewiesen werden konnte, dass sie wirksamer sind als jene Maßnahmen, deren Kosten bereits übernommen werden. Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden sollte, darüber entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Berlin.
Bekommen Patienten IGeL angeboten, müssen sie vor Untersuchungs- oder Behandlungsbeginn umfassend über die Methode und die anfallenden Kosten aufgeklärt werden (siehe Tipp 5) und anschließend schriftlich zustimmen – mit ihrer Unterschrift –, dass sie die IGeL ausdrücklich in Anspruch nehmen wollen.
Der IGeL-Monitor bringt Klarheit
Doch ob eine Igel tatsächlich sinnvoll ist, kann im Einzelfall für medizinische Laien schwer zu entscheiden sein. Patienten sollten sich für diese Entscheidung genügend Zeit nehmen und möglichst nicht spontan zustimmen. Haben sie auch nach der Beratung durch die Ärztin oder den Arzt noch Zweifel, sollten sich Patienten von ihrer Krankenversicherung beraten lassen.
Darüber hinaus hat der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) ein Online-Angebot zu diesem Thema aufgebaut, das laufend erweitert und aktualisiert wird: den Igel-Monitor. Hier können sich Patienten umfassend über die Vor- und Nachteile von Igel-Angeboten informieren.
Tipp 7 für den Arztbesuch: Schneller einen Termin bekommen
Nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz warten Patienten in Deutschland im Schnitt 30 Tage auf einen Termin beim Facharzt. Und die Organisation rechnet damit, dass sich diese Wartezeit durch den Wegfall der sogenannten Neupatientenregelung noch weiter verlängert. Deshalb sollten sich Betroffene nicht nur auf eigene Faust um einen Arzttermin kümmern.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat z.B. einen bundesweiten Terminservice in Leben gerufen. Unter der Telefonnummer 116 117 können gesetzlich Versicherte Termine bei Fachärzten und Psychotherapeuten vereinbaren. Patienten, die einen Vermittlungscode haben (dieser steht auf dem Überweisungsschein), können Termine auch selbst online vereinbaren. Die Internet-Adresse dafür lautet: https://eterminservice.de/terminservice.
Die folgenden Anbieter bieten ähnliche Terminservices an:
• Doctolib
• Arzt-direkt
• Dr. Flex
Patientinnen und Patienten, die solche Services in Anspruch nehmen, bekommen dann aber häufig einen Termin in einer (Fach-)Arztpraxis, die sie noch nicht kennen. Natürlich sind sie erst mal froh, überhaupt einen freien Termin ergattert zu haben. Nichtsdestotrotz sollten sie auch dann darauf achten, ob sie sich in der Praxis gut aufgehoben fühlen.
Die nachfolgende Checkliste kann dabei helfen, die Qualität eine Arztpraxis besser einzuschätzen.⁵
Checkliste: Fühle ich mich in der Praxis gut aufgehoben?
Ja | Nein | |
Kann ich die (Fach-)Arztpraxis gut erreichen? | ||
Werde ich in der Praxis freundlich und respektvoll behandelt? | ||
Nimmt mein(e) Ärztin/Arzt mich und mein Anliegen ernst? | ||
Werden in der Praxis meine Persönlichkeit und meine Intimsphäre respektiert? | ||
Erhalte ich eine verständliche und neutrale Aufklärung, Information und Beratung? | ||
Bekomme ich Hinweise auf weiterführende verlässliche Informationsquellen und Beratungsangebote? | ||
Bezieht meine Ärztin/mein Arzt mich und meine Wünsche in alle Entscheidungen ein? | ||
Akzeptiert meine Ärztin/mein Arzt, dass ich im Zweifelsfall eine zweite Meinung einholen möchte (siehe Tipp 8)? | ||
Wird in der Praxis der Schutz meiner persönlichen Daten gewahrt? | ||
Kann ich erkennen, ob meine Ärztin/mein Arzt und das Mitarbeiterteam an Fortbildungsveranstaltungen und Qualitätsprogrammen teilnehmen? | ||
Wird in der Praxis auf möglichst große Sicherheit bei meiner Behandlung geachtet? | ||
Erhalte ich ohne Probleme Zugang zu meinen Patientenunterlagen? | ||
Kooperiert die Praxis mit anderen Ärztinnen/Ärzten? |
Wichtig: Je häufiger Patienten in dieser Checkliste ein „Nein“ angekreuzt haben, desto mehr spricht dafür, dass die so bewertete Arztpraxis für sie nicht die passende Anlaufstelle darstellt. Dann sollten sie so schnell wie möglich die Arztpraxis wechseln.
Tipp 8 für den Arztbesuch: Eine Zweitmeinung einholen
Wird Patientinnen oder Patienten geraten, sich bei Gelenkschmerzen operieren zu lassen, handelt es sich dabei in der Regel um planbare Eingriffe, also Operationen, die nicht sofort oder gar notfallmäßig durchgeführt werden müssen. Doch gerade bei Gelenkschmerzen sind häufig verschiedene Vorgehensweisen denkbar. So kann es durchaus sein, dass es genauso sinnvoll ist abzuwarten, wie unmittelbar einen operativen Eingriff durchzuführen.
Das gilt insbesondere für Eingriffe an der Wirbelsäule, für Gelenkspiegelungen an der Schulter und die Implantation einer Knieendoprothese. Deshalb haben Patienten bei diesen planbaren Eingriffen einen Rechtsanspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung.
Sie können mit einer Ärztin oder einem Arzt mit besonderen Fachkenntnissen und Erfahrungen offene Fragen besprechen und sich über die Notwendigkeit der Durchführung eines Eingriffs und über alternative Behandlungsmöglichkeiten beraten lassen.
Umfrage der Woche
Wann besteht Rechtsanspruch auf eine Zweitmeinung?
Ein rechtlicher Zweitmeinungsanspruch besteht aktuell bei den folgenden Eingriffen:⁶
• Amputation beim diabetischen Fußsyndrom
• Eingriff an Gaumen- oder Rachenmandeln
• Eingriff an der Wirbelsäule
• Gallenblasenentfernung
• Gebärmutterentfernung
• Gelenkspiegelungen an der Schulter
• Herzkatheteruntersuchung und Ablationen (Verödungen) am Herzen
• Implantation eines Herzschrittmachers oder eines Defibrillators
• Implantation einer Knieendoprothese
Weitere Operationen für das Zweitmeinungsverfahren werden folgen. Unabhängig davon bieten viele gesetzliche Krankenkassen eine Zweitmeinung bei weiteren Eingriffen als Zusatzleistung an. Zum Beratungstermin bei der „Zweitmeinerin“ oder dem „Zweitmeiner“ sollten Patienten all ihre Befunde und Untersuchungsergebnisse mitbringen.
Diese muss ihnen der behandelnde Arzt aushändigen (siehe Tipp 5). Patienten können auch darum bitten, dass die notwendigen Unterlagen direkt an die „Zweitmeinerin“ oder den „Zweitmeiner“ übermittelt werden.
Ist der Eingriff wirklich notwendig?
Eine weitere Untersuchung durch die „Zweitmeinerin“ oder den „Zweitmeiner“ ist in der Regel nicht notwendig. Ihre oder seine Einschätzung stützt sich vor allem auf die vorliegenden Befunde und das persönliche Gespräch, das mit ihrer oder seiner Einschätzung zu dem geplanten Eingriff endet. Es kann sein, dass die „Zweitmeinerin“ oder der „Zweitmeiner“ die ursprüngliche Empfehlung zum Eingriff teilt, eine andere Behandlung empfiehlt oder von einem Eingriff abrät.
Wenn Patienten es wünschen, teilt die Zweitmeinerin oder der Zweitmeiner ihre oder seine Einschätzung der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt mit. Bei Bedarf können Patienten auch eine schriftliche Zusammenfassung der Zweitmeinung erhalten.
Weitere Informationen zum Zweitmeinungsverfahren bekommen Patienten bei ihrer Krankenversicherung, unter der bundesweiten Telefonnummer 116 117 (Patientenservice) oder online unter www.116117.de/zweitmeinung.
Tipp 9 für den Arztbesuch: Ein passendes Krankenhaus finden
Entscheiden sich Patienten mit Gelenkschmerzen für eine OP (siehe Tipp 8), stellt sich die nächste Frage: Welche Klinik kann diesen Eingriff am besten durchführen? Untersuchungen zeigen, dass knapp jede fünfte Klinik in Deutschland nicht die gesetzlichen Mindestanforderungen für schwere, planbare Operationen erfüllt. Diese sogenannte „Gelegenheitschirurgie“ kann dazu führen, dass es häufiger zu Komplikationen kommt.
Grundsätzlich sind alle Kliniken dazu verpflichtet, zu veröffentlichen, welche und wie viele Operationen sie pro Jahr durchführen und wie häufig es dabei zu welchen Komplikationen gekommen ist.
Diese Qualitätsberichte sind z.B. auf folgenden Webseiten zu finden:
• Deutsches Krankenhaus Verzeichnis:
https://www.deutsches-krankenhaus-verzeichnis.de/app/suche
• Referenzdatenbank des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA):
https://qb-referenzdatenbank.g-ba.de/#/suche
Ein riesiger Datenwust
Für Patienten kann es allerdings mühsam sein, die passenden und aktuellen Unterlagen im Internet zu finden und diese für sich richtig auszuwerten. Gemeinsam mit den größten Patienten- und Verbraucherorganisationen (siehe Tipp 10) hat die Bertelsmann Stiftung deshalb das Projekt „Weiße Liste“ ins Leben gerufen.
Auf diesem Online-Portal können Patientinnen und Patienten bundesweit danach suchen, welche Klinik einen bestimmten Eingriff am besten durchführen kann. Darüber hinaus können Patientinnen und Patienten oder ihre Angehörigen hier auch bundesweit nach geeigneten Pflegeeinrichtungen suchen.
• Zu erreichen ist das kostenlose Portal unter: https://www.weisse-liste.de/
Tipp 10 für den Arztbesuch: Sich Rat und Hilfe suchen
Patientinnen oder Patienten, die Verhaltensweisen und/oder Entscheidungen von ihren Ärztinnen oder Ärzten nicht nachvollziehen können oder vielleicht sogar das Gefühl haben, falsch oder fehlerhaft behandelt worden zu sein, können sich an verschiedene Anlaufstellen wenden.
Wichtig in diesem Zusammenhang: Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht beim Schmerzensgeld für Behandlungsfehler eine Verjährungsfrist nach drei Jahren vor.
Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch auf Schmerzensgeld entstanden ist. Entscheidend dabei ist, wann Patienten Kenntnis über den Behandlungsfehler und dessen Verursacher hatten. Ist die Verjährung bereits eingetreten, können Patienten gegenüber der verantwortlichen Ärztin oder gegenüber dem verantwortlichen Arzt keinen Anspruch auf Schmerzensgeld mehr geltend machen.
Damit Patienten einen Behandlungsfehler nachweisen können, muss in der Regel ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt werden. Helfen können hierbei die Krankenkassen und die Gutachterkommissionen oder Schlichtungsstellen der Landesärztekammern.
Hier eine Auswahl von nützlichen Anlaufstellen, die Patienten bei Schwierigkeiten mit Ärztinnen oder Ärzten weiterhelfen und beraten können:
• Unabhängige Patientenberatung (UPB), Telefon: 0 80 00 11 77 22, www.patientenberatung.de (Hinweis: Derzeit befindet sich die neue UPB noch im Aufbau. Im Moment (Stand Februar 2024) kann daher keine Beratung angeboten werden.)
• Deutsche Stiftung Patientenschutz, Telefon 02 31 / 7 38 07 30, www.stiftung-patientenschutz.de
• Medizinischer Dienst Bund, Telefon: 02 01 / 8 32 71 00, www.md-bund.de
• Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Bürgertelefon: 0 30 / 3 40 60 66 01 (montags bis donnerstags 8 bis 18 Uhr, freitags 8 bis 12 Uhr), www.bundesgesundheitsministerium.de
• Bundesärztekammer, Telefon: 0 30 / 4 00 45 60, www.baek.de
• Bundeszahnärztekammer, Telefon 0 30 / 40 00 50, www.bzaek.de
• Verbraucherzentrale Bundesverband, Telefon: 0 30 / 25 80 00, www.vzbv.de
Viele weitere Tipps und Ratgeber rund um Bewegung und zum Umgang mit Schmerzen finden Sie in unserem Blog.
Werden Sie Teil unserer Community!
Tauschen Sie sich mit Gleichgesinnten aus und erhalten Sie hilfreiche Tipps zum Thema Gelenkschmerzen.
Stand: 04.2024
Quellenangaben
- https://gesundheitsdaten.kbv.de/cms/html/24044.php
- https://www.dak.de/presse/bundesthemen/gesundheitsreport/krankenstand-2023-weiter-auf-rekordniveau-_56842
- Reif, S. (2023) Behandlungsgespräche in der Arztpraxis – Ein Europäischer Vergleich für die Strube Stiftung gGmbH, Internetdokument (PDF): https://ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/Studie_Kontaktzeiten_Hausarzte_in_Europa_2023.pdf (zuletzt abgerufen im Februar 2024)
- Bundesministerium für Gesundheit (2018), Informiert und selbstbestimmt Ratgeber für Patientenrechte, Internetdokument (PDF), https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/Ratgeber_fuer_Patientenrechte_bf.pdf (zuletzt abgerufen im Februar 2024)
- Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Woran erkennt man eine gute Arztpraxis? – Checkliste für Patientinnen und Patienten. 4. Aufl., Version 1. Berlin: ÄZQ; 2015. (äzq Schriftenreihe; 43) DOI 10.6101/azq/000229
- Patientenmerkblatt Zweitmeinungsverfahren bei geplanten Eingriffen, Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), Internetdokument: https://www.g-ba.de/downloads/17-98-4765/2019-10-28_G-BA_Patientenmerkblatt_Zweitmeinungsverfahren_bf.pdf
Lesen Sie auch folgende Artikel
- Gelenkschmerzen in den Wechseljahren
26.09.2024: Die Wechseljahre sind eine natürliche Phase im Leben jeder Frau, doch sie bringen oft eine Vielzahl von körperlichen und emotionalen Veränderungen mit sich. Zu den weniger bekannten, aber häufig auftretenden Beschwerden gehören Muskel- und Gelenkschmerzen.
Mehr erfahren - Gelenkknacken: Harmlos oder erstes Alarmzeichen?
07.08.2024: Gelenkknacken ist ein alltägliches Ereignis, das viele Menschen erleben. Ob beim Strecken der Finger, Beugen der Knie oder Drehen des Nackens. was steckt dahinter und welche Auswirkungen hat es auf die Gelenke?
Mehr erfahren - Kaffee bei Arthrose: Auswirkungen auf die Gelenke
20.06.2024: Kaffee bei Arthrose: Gut oder schlecht für die Gelenke? Arthrose, eine degenerative Gelenkerkrankung, betrifft Millionen von Menschen weltweit und führt zu erheblichen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.
Mehr erfahren
Schreiben Sie einen Kommentar