Sjögren Syndrom: Erste Symptome, Ursachen und Behandlung
Ständig sind die Augen und der Mund trocken, eine unerklärliche Müdigkeit schränkt der Alltag ein, dazu wiederkehrende Gelenkschmerzen – hinter derartigen Beschwerden kann auch das sogenannte Sjögren-Syndrom stecken. Obwohl der Name vielleicht nicht jedem sofort geläufig ist, handelt es sich dabei um eine chronische Autoimmunerkrankung, die mehr Menschen betrifft, als man zunächst annehmen mag.
Das Sjögren-Syndrom kann sehr unterschiedlich äußern, und oft vergeht einige Zeit, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Deshalb ist es umso wichtiger, über die Erkrankung gut informiert zu sein. Genau dafür ist dieser Artikel gedacht. Denn ein besseres Krankheitsverständnis kann Betroffenen und ihren Angehörigen helfen, die Symptome richtig einzuordnen, frühzeitig ärztliche Hilfe zu suchen und die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.

Was ist das Sjögren Syndrom?
Das Sjögren-Syndrom (ausgesprochen „Schögren-Syndrom“, benannt nach dem schwedischen Augenarzt Henrik Sjögren(1)) gehört zur Gruppe der Autoimmunerkrankungen. Bei einer solchen Erkrankung kommt es zu einer Fehlsteuerung des körpereigenen Abwehrsystems: Das Immunsystem, das eigentlich Krankheitserreger wie Bakterien und Viren bekämpfen soll, richtet sich fälschlicherweise gegen gesunde Zellen und Gewebe des eigenen Körpers.
Im Falle des Sjögren-Syndroms greift das Immunsystem vor allem die exokrinen Drüsen an, insbesondere die Tränen- und Speicheldrüsen. Diese Drüsen sind dafür zuständig, Feuchtigkeit für die Augen (Tränenflüssigkeit) und den Mund (Speichel) zu produzieren. Durch den autoimmunen Angriff kommt es zu einer chronischen Entzündung dieser Drüsen, wodurch ihre Funktion beeinträchtigt wird.
Die Folge ist eine verminderte Produktion von Tränenflüssigkeit und Speichel, was zu den charakteristischen und oft sehr belastenden Trockenheitssymptomen führt – dem sogenannten Sicca-Syndrom. Das Sjögren-Syndrom kann aber auch andere Organe und Körperbereiche betreffen, wie z.B. Gelenke, Haut, Nerven, Lunge oder Nieren, was die Vielfalt der möglichen Beschwerden und die oft langwierige Diagnosestellung erklärt.
Mediziner unterscheiden zwei Hauptformen des Sjögren-Syndroms:
- Primäres Sjögren-Syndrom: Bei dieser Form tritt die Erkrankung eigenständig auf, ohne dass eine andere rheumatische Grunderkrankung vorliegt. Die Symptome der Trockenheit stehen hier oft im Vordergrund.
- Sekundäres Sjögren-Syndrom: Hier entwickelt sich das Sjögren-Syndrom begleitend zu einer bereits bestehenden anderen Autoimmunerkrankung. Häufige Begleiterkrankungen sind beispielsweise die rheumatoide Arthritis, der systemische Lupus erythematodes (SLE) oder die systemische Sklerose. Beim sekundären Sjögren-Syndrom stehen meist die Symptome der Grunderkrankung im Vordergrund.
Symptome erkennen: von Trockenheit bis Gelenkschmerzen
Die Symptome des Sjögren-Syndroms können vielfältig sein und sich von Person zu Person erheblich unterscheiden, sowohl in ihrer Art als auch in ihrer Intensität. Dies ist einer der Gründe, warum die Erkrankung manchmal erst spät erkannt wird.
Grundsätzlich lassen sich die Beschwerden in Symptome, die direkt durch die Drüsenfunktionsstörung entstehen (med. glanduläre Manifestationen), und solche, die andere Körperbereiche betreffen (med. extraglanduläre Manifestationen), einteilen.

Die Leitsymptome: Trockenheit an Augen und Mund (Sicca-Syndrom)
Die häufigsten und bekanntesten Anzeichen des Sjögren-Syndroms betreffen die Augen und den Mund, da primär die Tränen- und Speicheldrüsen von der Autoimmunreaktion betroffen sind:
- Trockene Augen (med. Xerophthalmie): Dies äußert sich oft durch ein quälendes Fremdkörper- oder Sandkorngefühl in den Augen. Betroffene klagen über Brennen, Juckreiz, gerötete Augen, Lichtempfindlichkeit und/oder müde Augen. Manchmal kann es auch zu verschwommenem Sehen oder zu klebrigen Absonderungen kommen, besonders morgens. Paradoxerweise kann es anfangs auch zu vermehrtem Tränenfluss kommen, bevor die Tränenproduktion dann ungewöhnlich deutlich nachlässt.
- Mundtrockenheit (med. Xerostomie): Ein trockener Mund macht sich durch ein klebriges Gefühl, Schwierigkeiten beim Kauen und Schlucken trockener Speisen sowie beim Sprechen bemerkbar. Viele Betroffene haben einen veränderten Geschmackssinn, häufiger Durst (auch nachts) und leiden unter unangenehmem Mundgeruch. Da der Speichel eine wichtige Schutzfunktion für die Zähne hat, steigt bei anhaltender Mundtrockenheit auch das Risiko für Karies, Zahnfleischentzündungen und Pilzinfektionen im Mundraum deutlich an. Auch Zungenbrennen oder rissige Lippen können beim Sjögren-Syndrom auftreten.
Weitere häufige Symptome des Sjögren-Syndroms
Neben den typischen Trockenheitssymptomen können auch allgemeinere Beschwerden und Symptome auftreten, die den gesamten Körper betreffen:
- Gelenkschmerzen und Gelenkentzündungen: Viele Patienten mit Sjögren-Syndrom leiden unter Schmerzen in den Gelenken (med. Arthralgien), ähnlich wie bei einer Arthritis. Die Gelenke können geschwollen, steif und druckempfindlich sein. Betroffen sind oft die kleinen Gelenke der Hände und Füße, aber auch Knie, Handgelenke oder Schultern. Diese Gelenkbeschwerden können die Beweglichkeit und Lebensqualität stark einschränken.
- Anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung (med. Fatigue): Eine oft sehr belastende Begleiterscheinung ist eine ausgeprägte, chronische Müdigkeit, die sich auch durch ausreichend Schlaf nicht bessert. Diese Fatigue kann die Leistungsfähigkeit im Alltag erheblich reduzieren.
- Hauttrockenheit: Ähnlich wie die Schleimhäute kann auch die Haut von Trockenheit betroffen sein, was zu Juckreiz und Schuppung führen kann.
- Trockenheit anderer Schleimhäute: Auch die Schleimhäute der Nase, des Rachens, der Atemwege oder im Genitalbereich können betroffene sein. Das kann zu Nasenbluten, Heiserkeit, trockenem Husten oder bei Frauen zu Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen.

Weniger häufige Symptome und mögliche Komplikationen
In einigen Fällen kann das Sjögren-Syndrom auch andere Organe und Systeme betreffen. Das kommt zwar weniger häufig vor, kann aber wichtige Hinweise für die Diagnosestellung liefern:
- Beteiligung innerer Organe: Selten können Lunge, Nieren, Leber oder das Nervensystem betroffen sein. Dadurch können sich z.B. eine interstitielle Lungenerkrankung, eine tubulointerstitielle Nephritis oder Missempfindungen in Armen und/oder Beinen entwickeln.
- Vaskulitis: Eine Entzündung der Blutgefäße kann zu Hautveränderungen (z.B. kleine, punktförmige Einblutungen) oder seltener zu Problemen mit inneren Organen führen.
- Raynaud-Syndrom: Hierbei kommt es zu anfallsartigen Durchblutungsstörungen der Finger und/oder Zehen, die sich durch Weißwerden, Blauwerden und anschließende Rötung äußern, oft ausgelöst durch Kälte oder Stress.
- Lymphknotenschwellungen: Anhaltende oder zunehmende Lymphknotenschwellungen sollten ärztlich abgeklärt werden, da bei Patienten mit Sjögren-Syndrom ein leicht erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Lymphomen (Lymphdrüsenkrebs) besteht. Dies kommt zwar selten vor (weniger als 5 von 100 Betroffenen), bedarf aber dennoch einer sorgfältigen ärztlichen Überwachung.
Selbstverständlich entwickelt nicht jede(r) Patient:in mit Sjögren-Syndrom alle genannten Symptome. Die Ausprägung ist sehr individuell. Manche haben nur milde Trockenheitssymptome, während andere unter einer Vielzahl von Beschwerden leiden. Die Symptome können zudem schubweise auftreten oder sich im Laufe der Zeit verändern.