Gelenkschmerzen nach Alkohol: Ursachen, Risiken und wann ein Arztbesuch ratsam ist
Viele Menschen wissen, wie sich ein Kater anfühlt: Kopfschmerzen, Übelkeit, allgemeines Unwohlsein. Doch auch Gelenkschmerzen können nach dem Konsum von Alkohol auftreten. Meist halten sie nicht lange an oder – sie weisen auf eine zugrunde liegende Erkrankung hin.
Regelmäßiger und/oder übermäßiger Alkoholgenuss kann jedoch nicht nur zu Gelenkschmerzen führen. Vielmehr lassen sich inzwischen zahlreiche weitere körperliche und seelische Probleme ebenfalls auf die (langfristigen) Auswirkungen von Alkohol zurückführen¹.

Immer mehr medizinische Fachgesellschaften, darunter z.B. die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn, raten deshalb mittlerweile dazu, im Alltag auf Alkohol möglichst ganz zu verzichten beziehungsweise empfehlen, zumindest folgende Alkoholmengen nicht zu überschreiten²:
- Frauen sollten pro Tag nicht mehr als 0,3 Liter Bier oder 0,1 Liter Wein trinken.
- Männer sollten pro Tag nicht mehr als 0,6 Liter Bier oder 0,2 Liter Wein trinken.
- Mindestens zwei Tage pro Woche sollten bei beiden Geschlechtern alkoholfrei bleiben.
Gut zu wissen:
Wer Schwierigkeiten damit hat, sich an diese Mengen zu halten, kann sich z.B. an das Infotelefon des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) zur Suchtvorbeugung wenden. Die Telefonnummer lautet: 0221 / 89 20 31 (Montag bis Donnerstag 10 bis 22 Uhr, Freitag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr). Außerdem bietet das BIÖG eine Online-Beratung an.
Warum schadet Alkohol den Gelenken?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen kann Alkohol verschiedene körpereigene Prozesse ganz direkt so beeinträchtigen, dass sich im weiteren Verlauf Gelenkschmerzen entwickeln können. Zum anderen kann Alkohol zu körperlichen Veränderungen führen, die indirekt Gelenkbeschwerden begünstigen können.
Alkohol begünstigt entzündliche Prozesse
Dauerhafter Alkohol-Konsum kann die körpereigene Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe fördern und gleichzeitig die Freisetzung entzündungshemmender Signalmoleküle stören. Dadurch kann ein Ungleichgewicht im Immunsystem entstehen, das (chronische) Entzündungen im Körper begünstigt, bereits vorhandene (Gelenk-)Entzündungen verstärkt und das Risiko erhöht, dass sich Autoimmunerkrankungen wie eine rheumatoide Arthritis entwickeln.
Darüber hinaus kann Alkohol die Darmwand schädigen. Dadurch können Giftstoffe (Endotoxine), die von bestimmten Bakterien im Darm freigesetzt werden, leichter in den Blutkreislauf gelangen und das Immunsystem aktivieren. So können entzündliche Prozesse ebenfalls verstärkt werden. Passiert das in den Gelenken, können diese anschwellen, rot und/oder warm werden und (wieder) anfangen, wehzutun.
Zudem kann Alkohol eine sogenannte „sterile Entzündung“ in der Leber verursachen, also eine Entzündung ohne Infektion. Dabei werden entzündungsfördernde Signalmoleküle ausgeschüttet, die Entzündungsprozesse in anderen Organen, einschließlich der Gelenke, verstärken können.
Alkohol stört den Harnsäure-Abbau
Alkohol kann die Produktion von Harnsäure erhöhen und gleichzeitig ihre Ausscheidung über die Nieren behindern. Das gilt insbesondere für alkoholische Getränke, die viele Purine enthalten, z.B. Bier, da Purine vom Körper ebenfalls zu Harnsäure abgebaut werden [3].
Ein zu hoher Harnsäurespiegel kann im weiteren Verlauf zur Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken führen. Diese Ablagerungen können dann akute Gichtanfälle auslösen, die sich durch starke Schmerzen, Schwellungen und Rötungen äußern. Am häufigsten sind davon die großen Zehen betroffen, aber auch in den Knien, den Handgelenken oder den Sprunggelenken können sich Gichtanfälle entwickeln.
Alkohol entwässert den Körper
Alkohol wirkt harntreibend, weil er die Ausschüttung des Hormons ADH (antidiuretisches Hormon) hemmt. Dadurch verliert der Körper mehr Flüssigkeit über die Nieren [4]. Diese Dehydration führt zu einem Flüssigkeitsmangel im gesamten Körper – auch in den Gelenken. Diese sind jedoch auf eine ausreichende Menge an Flüssigkeit angewiesen. Der Gelenkknorpel besteht zu etwa 70-80 % aus Wasser. Er dient als Schmiermittel und Stoßdämpfer.
Fehlt Flüssigkeit, erhöht sich die Reibung zwischen den Gelenkflächen und der Gelenkknorpel wird weniger elastisch und anfälliger für Verletzungen. Langfristig kann das die Arthrose-Entstehung beschleunigen oder bestehende Arthrose verschlimmern.

Alkohol belastet die Muskeln
Regel- und übermäßiger Alkoholkonsum kann die Muskulatur auf mehreren Wegen beeinträchtigen. Alkohol stört zum einen die Bildung von Proteinen (Eiweißen) und die Freisetzung von Hormonen, die für den Muskelaufbau und die Muskelregeneration notwendig sind. Zum anderen hemmt Alkohol die Aufnahme wichtiger Vitamine und Mineralstoffe sowie die Energieproduktion in den Muskelzellen. Dadurch ermüden die Muskeln schneller und entwickeln weniger Kraft.
Eine derart geschwächte Muskulatur (Myopathie) kann im weiteren Verlauf zu einer veränderten Belastung der Gelenke führen. Sie können z.B. Stöße, Erschütterungen oder schnelle Drehungen weniger gut abfedern. Es können sich Fehlstellungen und Überlastungen entwickeln, die ebenfalls Gelenkschmerzen auslösen und/oder verstärken können.
Alkohol wirkt mit anderen Risikofaktoren
Ältere Untersuchungen kamen noch zu dem Ergebnis, dass maßvoller Alkoholgenuss vor bestimmten Gelenkerkrankungen schützen kann. Doch inzwischen wurden diese Erkenntnisse widerlegt [5]. Stattdessen zeigte sich, dass der Konsum von Alkohol mit anderen bekannten Risikofaktoren für Gelenkerkrankungen zusammenwirken beziehungsweise diese verstärken kann:
- Alkohol verschlechtert die Schlafqualität [6] [7]: Dadurch kann bei den Betroffenen die sogenannte Schmerzschwelle sinken. Sie nehmen Gelenkschmerzen (und andere Schmerzen) eher und intensiver wahr. Zudem finden im Schlaf wichtige Regenerationsprozesse im Körper statt, die durch Alkohol ebenfalls gestört werden. Dies kann u.a. chronische Entzündungen begünstigen, das Immunsystem schwächen, das Demenz-Risiko erhöhen und zu einer problematischen Gewichtszunahme (siehe nächster Punkt) führen.
- Alkohol begünstigt Übergewicht: Er verändert zum einen das Hunger- und Sättigungsgefühl und führt zum anderen dazu, dass Fette im Körper gespeichert werden [8]. Beides trägt dazu bei, dass Menschen, die regelmäßig Alkohol trinken, eher Überwichtig entwickeln. Das führt zu einer dauerhaften Mehrbelastung der Gelenke und erhöht das Risiko, dass sich Gelenkerkrankungen und Gelenkschmerzen entwickeln.
- Alkohol gehört oft zu einer ungesunden Ernährung: Menschen, die (zu) viel Alkohol trinken, konsumieren oft auch andere ungesunde Lebensmittel zu häufig. Alkohol kann z.B. den Heißhunger auf fettreiche, salzige, süße und kohlenhydratreiche Speisen (z. B. Pizza, Burger, Chips) steigern und die Fettverbrennung blockieren. Dies führt zum einen ebenfalls vermehrt zu Übergewicht (siehe oben). Zum anderen wirken viele ungesunde Lebensmittel darüber hinaus entzündungsfördernd und können auf diese Weise schmerzhafte Gelenkentzündungen fördern.
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Wann mit Gelenkschmerzen nach Alkohol zum Arzt?
Nicht alle Gelenkbeschwerden, die nach Alkoholkonsum auftreten, bedürfen einer intensiven medizinischen Untersuchung. Dennoch gibt es klare Warnsignale, die auf eine ernsthaftere Ursache hinweisen können:
- Anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen: Treten die Beschwerden regelmäßig auf oder dauern sie mehrere Tage an, sollte der Verdacht auf eine chronische Erkrankung, wie Gicht oder Arthritis, in Betracht gezogen werden.
- Deutliche Schwellungen und Rötungen: Insbesondere bei Gichtanfällen entwickeln sich in den betroffenen Gelenken oft mit sichtbaren Entzündungszeichen, die eine ärztliche Abklärung erfordern.
- Einschränkungen der Beweglichkeit: Gelenkschmerzen, die zu einer spürbaren Einschränkung im Alltag führen – beispielsweise bei einfachen Bewegungen oder sportlichen Aktivitäten – sollten nicht ignoriert werden.
- Zusätzliche neurologische Symptome: Taubheitsgefühle, Kribbeln oder andere Anzeichen einer möglichen Polyneuropathie können auf eine Schädigung der Nerven im Zusammenhang mit chronischem Alkoholkonsum hindeuten.
In solchen Fällen empfiehlt es sich, einen Arzt oder Fachspezialisten aufzusuchen, um durch gezielte diagnostische Maßnahmen (Blutuntersuchungen, bildgebende Verfahren etc.) die Ursache der Beschwerden zu ermitteln und eine geeignete Therapie einzuleiten.
Wie läuft die Untersuchung beim Arzt ab?
Um die Ursache der Gelenkschmerzen zu klären, kommen verschiedene Untersuchungsmethoden zum Einsatz:
- Blutuntersuchungen: Die Bestimmung von Entzündungswerten, Harnsäurespiegeln und Leberwerten kann wichtige Hinweise liefern.
- Bildgebende Verfahren: Ultraschall, Röntgen oder MRT können strukturelle Veränderungen in den Gelenken aufzeigen.
- Gelenkflüssigkeitsanalyse: Besonders bei Verdacht auf Gicht oder andere entzündliche Prozesse kann die Untersuchung der Synovialflüssigkeit entscheidende Erkenntnisse bringen.
Wie werden Gelenkschmerzen nach Alkohol behandelt?
Die Behandlung richtet sich immer nach der zugrundeliegenden Ursache. Folgende Maßnahmen stehen zur Verfügung. Sie können auch kombiniert werden.
- Medikamentöse Therapie: Entzündungshemmende Medikamente oder spezielle Präparate zur Senkung des Harnsäurespiegels können helfen, akute Beschwerden zu lindern.
- Physiotherapie und Bewegung: Gezielte Übungen und physiotherapeutische Maßnahmen verbessern die Gelenkfunktion und stärken die Muskulatur.
- Ernährungsumstellung: Eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und entzündungshemmenden Lebensmitteln ist, unterstützt die Regeneration der Gelenke.
- Reduktion des Alkoholkonsums: Eine bewusste Begrenzung oder sogar der Verzicht auf Alkohol kann langfristig dazu beitragen, wiederkehrende Beschwerden zu vermeiden.
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Präventive Maßnahmen und Empfehlungen für den Alltag
Um Gelenkschmerzen in Verbindung mit Alkoholkonsum vorzubeugen, sollten folgende Maßnahmen beachtet werden:
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Neben der Reduktion von Alkohol hilft es, über den Tag verteilt genügend Wasser zu trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen und die Nierenfunktion zu unterstützen.
- Ausgewogene Ernährung: Eine Ernährung, die entzündungshemmende Nährstoffe enthält – wie frisches Obst, Gemüse, Nüsse und Fisch – kann die Gelenkgesundheit fördern und das Risiko für Gichtanfälle senken.
- Regelmäßige körperliche Aktivität: Bewegung fördert nicht nur den Stoffwechsel, sondern stärkt auch die Muskulatur rund um die Gelenke, was wiederum zu einer besseren Stabilität und weniger Schmerzen führt.
- Maßvoller Alkoholkonsum: Insbesondere für Personen mit Vorerkrankungen wie Gicht oder rheumatoider Arthritis ist es ratsam, den Alkoholkonsum deutlich einzuschränken oder ganz darauf zu verzichten.
- Regelmäßige ärztliche Kontrollen: Eine frühzeitige Überwachung der Gelenkfunktion und Blutwerte kann helfen, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und gezielt gegenzusteuern.
Langzeitfolgen und Ausblick
Wird der schädliche Einfluss von Alkohol auf die Gelenke über einen längeren Zeitraum hinweg nicht ausreichend berücksichtigt, können sich langfristige Probleme entwickeln:
- Chronische Entzündungen und degenerative Prozesse: Wiederholte Entzündungsphasen können zu einer dauerhaften Schädigung der Gelenkstrukturen und letztlich zu Arthrose führen.
- Muskel-Skelett-Dysbalancen: Eine geschwächte Muskulatur infolge alkoholbedingter Myopathie kann zu Fehlbelastungen der Gelenke führen, was das Risiko für Verletzungen und chronische Schmerzen erhöht.
- Verschlechterung bestehender Erkrankungen: Personen, die bereits an chronischen Gelenkerkrankungen leiden, riskieren eine zusätzliche Verschlechterung ihrer Symptome durch unkontrollierten Alkoholkonsum.
Ein Bewusstsein für diese langfristigen Risiken und eine frühzeitige Anpassung des Lebensstils können entscheidend dazu beitragen, die Gelenkgesundheit nachhaltig zu schützen.
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Die wichtigsten Punkte im Überblick
Alkoholkonsum kann auf vielfältige Weise zu Gelenkschmerzen beitragen – von kurzfristiger Dehydration und entzündlichen Reaktionen bis hin zu einer langfristigen Schädigung durch erhöhte Harnsäurewerte, Myopathien und immunologische Veränderungen.
Während gelegentliche Beschwerden oftmals nur eine temporäre Reaktion darstellen, können wiederkehrende oder langanhaltende Schmerzen ein Warnsignal für ernsthafte gesundheitliche Probleme sein.
- Diagnose und Therapie: Durch gezielte diagnostische Maßnahmen und individuelle Therapiekonzepte, die medikamentöse, physiotherapeutische und ernährungsbezogene Ansätze kombinieren, lässt sich der Ursachenkomplex meist gut eingrenzen und behandeln.
- Prävention: Neben einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr und einer ausgewogenen Ernährung ist vor allem der maßvolle Alkoholkonsum ein Schlüsselfaktor zur Vermeidung von Gelenkschmerzen.
- Langfristige Perspektive: Ein frühzeitiges Erkennen und konsequentes Gegensteuern der schädlichen Mechanismen können nicht nur akute Beschwerden lindern, sondern auch die Entstehung chronischer Gelenkerkrankungen verhindern.
Durch einen bewussten Lebensstil und regelmäßige ärztliche Kontrollen können Betroffene aktiv dazu beitragen, die negativen Auswirkungen von Alkoholkonsum auf ihre Gelenke zu minimieren und langfristig ihre Lebensqualität zu sichern.
Stand: 04.2025
Quellenangaben
- Antwerpes F. Bewegungsschmerz. Stand 2012. Online verfügbar unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Bewegungsschmerz. Abgerufen am 03.02.2022.
- Van den Höfel N. Anlaufschmerz. Stand 2010. Online verfügbar unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Anlaufschmerz. Abgerufen am 03.02.2022.
- Antwerpes F. Ruheschmerz. Stand 2012. Online verfügbar unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Ruheschmerz. Abgerufen am 03.02.2022.
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