Gelenkschmerzen in den Wechseljahren: Ursachen und Hilfe
Die Wechseljahre sind eine natürliche Phase im Leben jeder Frau, doch sie bringen oft eine Vielzahl von körperlichen und emotionalen Veränderungen mit sich. Zu den weniger bekannten, aber häufig auftretenden Beschwerden gehören Muskel- und Gelenkschmerzen. Diese können den Alltag erheblich beeinträchtigen und werden oft von Frauen unterschätzt oder nicht ausreichend behandelt.
In diesem Beitrag erklären wir, warum diese Schmerzen während der Wechseljahre auftreten, welche Ursachen dahinterstecken und wie Gelenke und Muskeln durch gezielte Maßnahmen entlastet und gestärkt werden können.
Alles Wichtige auf einen Blick
- Umbruch: In den Wechseljahren produzieren vor allem die Eierstöcke immer weniger Östrogene. Diese hormonelle Umstellung kann sich auf viele Stoffwechselprozesse ungünstig auswirken.
- Symptome: Über 35 Beschwerden sind bekannt, die in den Wechseljahren auftreten können. 85 von 100 Frauen entwickeln in dieser Phase mindestens ein Symptom, z.B. Hitzewallungen. Etwa bei jeder zweiten Frau sind es Gelenkschmerzen.
- Ursachen: Östrogene und winzige Andockstellen (Rezeptoren) für diese Hormone befinden sich in allen Geweben des Bewegungsapparats. Lässt die Östrogen-Produktion in den Wechseljahren nach, kann dies Entzündungen, Muskel-, Knorpel und Knochenabbau begünstigen und entsprechende Beschwerden auslösen.
- Behandlung: Beschwerden in den Wechseljahren können u.a. mit einer Hormonersatztherapie (HRT) behandelt werden, die aber auch das Krebs- und Thromboserisiko erhöhen kann. Auch bestimmte Nahrungsergänzungsmittel und einige pflanzliche Wirkstoffe können Linderung bringen und dazu beitragen, dass Gelenke, Knochen und Muskeln gesund bleibt.
- Selbsthilfe: Mit einer ausgewogenen, antientzündlichen Ernährung sowie mit Bewegung, Kraft- und Ausdauersport können sich Frauen in den Wechseljahren gut selbst helfen und effektiv vorbeugen.
Das passiert in den Wechseljahren
Forschende gehen heute davon aus, das weltweit pro Jahr etwa 47 Millionen Frauen in die Wechseljahre kommen. Die meisten von ihnen erleben diese besondere Phase zwischen dem 45. und dem 55. Lebensjahr.1 Zwei medizinische Fachbegriffe sind in diesem Zusammenhang wichtig:
- Die Menopause: Diese haben Frauen zwölf Monate nach ihrer letzten Regelblutung erreicht. Im Schnitt sind sie dann knapp 53 Jahre alt (± 2,5 Jahre) 2
- Die Perimenopause: Damit meinen Ärztinnen und Ärzte den Übergang in die Wechseljahre, also jene Zeit, die bei Frauen bis zur Menopause vergeht und in der sie immer häufiger Unregelmäßigkeiten in ihrem Monatszyklus feststellen und typische Symptome wie Hitzewallungen entwickeln. Im Schnitt sind Frauen knapp 48 Jahre alt, wenn die Perimenopause bei ihnen beginnt.3
Östrogene geben den Ton an
Die wichtigsten Geschlechtshormone der Frau spielen in den Wechseljahren eine ganz entscheidende Rolle. Insgesamt gibt es vier verschiedene Östrogene:
- Estron (E1)
- Estradiol (E2)
- Estriol (E3)
- Estetrol (E4)
E1, E2 und E3 kommen im weiblichen Körper am häufigsten vor. Estradiol wirkt am stärksten. Estetrol ist nur in der Schwangerschaft nachweisbar, weil es dann von der Leber des Babys freigesetzt wird.
Die übrigen Östrogene werden überwiegend von den Eierstöcken produziert. Östrogene sind an diversen Stoffwechselprozessen direkt oder indirekt beteiligt – auch im Bewegungsapparat. Sie wirken dort in allen Geweben, die dort vorkommen (Knochen, Bänder, Sehnen, Muskeln, Knorpel, Fettgewebe).4,5
Erst zu viel…
In der Perimenopause nimmt die Funktion der Eierstöcke (Ovarialfunktion) nach und nach ab. Sie reagieren auch weniger auf Hormone, die im Gehirn gebildet werden und die Eierstöcke steuern. Infolgedessen werden diese Steuerungshormone vermehrt ausgeschüttet, vor allem das follikelstimulierende Hormon (FSH). Dadurch steigt der Östrogenspiegel zunächst wieder an.
In der ersten Zyklushälfte fördert Östrogen das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut und die Reifung der Eizelle. In der zweiten Zyklushälfte wird dann normalerweise Progesteron ausgeschüttet, um die Gebärmutterschleimhaut zu stabilisieren und die Einnistung einer befruchteten Eizelle vorzubereiten. Progesteron stellt also gewissermaßen ein „Gegengewicht“ zum Östrogen dar.
… dann zu wenig
Steigt bei Frauen in der Perimenopause jedoch der Östrogen-Spiegel, zieht der Progesteron-Spiegel kaum nach. Es kommt zu einer, wie Ärzte sagen, Östrogen-Dominanz. Diese löst bei vielen Frauen z.B. ein starkes Spannungsgefühl in der Brust aus (Mastodynie). Zudem kann es zu einer verstärkten Regelblutung, Unterleibsschmerzen und/oder Vorblutungen kommen. Fällt der Östrogen-Spiegel dann im Laufe des Zyklus stark ab, können sich z.B. die in den Wechseljahren typischen Hitzewallungen, sogenannte vasomotorische Beschwerden, entwickeln.
Im weiteren Verlauf (bis zur Menopause) fahren die Eierstöcke ihre Aktivität nun immer weiter zurück und stellen die Östrogen-Produktion schließlich ganz ein. Der Monatszyklus und die Monatsblutungen werden immer unregelmäßiger und bleiben am Ende ganz aus. Dem weiblichen Körper steht immer weniger Östrogen zur Verfügung und es kann zu Östrogenmangel-Symptomen kommen.
Inzwischen sind mehr als 35 Beschwerden bekannt, die bei Frauen in den Wechseljahren auftreten können.6 Von 100 Frauen in diesem Alter haben 85 mindestens ein Symptom. Am häufigsten treten vasomotorische Beschwerden (Hitzewallungen), depressive Phasen und Schlafstörungen auf.7
Häufige Beschwerden in den Wechseljahren:
- Hitzewallungen
- Vermehrtes Schwitzen
- Schlafstörungen
- Stimmungsschwankungen
- Depressivität
- Menstruationsprobleme
- Scheidentrockenheit
- Harninkontinenz
- Beckenbodenschwäche
- Herz-Kreislauf-Beschwerden
- Nachlassende Lust auf Sex (Libido)
- Schmerzen beim Sex
Darüber hinaus berichten etwa fünf von zehn Frauen in den Wechseljahren von Gelenkbeschwerden und Gelenkschmerzen.8,9
Ursachen für Gelenkschmerzen in den Wechseljahren
Da Östrogene in allen Geweben des Bewegungsapparats vorkommen und wirken, kann sich der sinkende Östrogen-Spiegel in den Wechseljahren auch hier ungünstig auswirken. Forschende aus den USA haben kürzlich vorgeschlagen, die dadurch verursachten Beschwerden unter einem neuen medizinischen Oberbegriff zusammenzufassen. Dieser lautet: das muskuloskelettale Syndrom der Menopause (engl.: musculoskeletal syndrome of menopause).10
Über zwei Drittel haben Beschwerden
Aktuelle Studien gehen davon aus, dass von 100 Frauen in den Wechseljahren mindestens 70 von diesem muskuloskelettalen Syndrom der Menopause betroffen sind. Etwa 25% entwickeln deshalb starke Beschwerden. Das Paradoxe: Bei etwa 40% der Betroffenen lassen sich mit bildgebenden Verfahren (MRT, Ultraschall, Röntgen) im Bewegungsapparat keine strukturellen Veränderungen nachweisen, die eine Erklärung für die Beschwerden liefern würden.
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick, worauf sich der sinkende Östrogen-Spiegel in den Wechseljahren ungünstig auswirken kann und welche Symptome sich im weiteren Verlauf entwickeln können:6
Symptome: Wie Östrogenmangel den Bewegungsapparat verändert
Wo fehlen die Hormone? | Welche Beschwerden kann das auslösen? |
Entzündungsprozesse | Gelenkschmerzen Gelenkschwellungen Gelenkknorpelschäden Gelenkentzündung Schultersteife |
Muskelstoffwechsel | Verlust von Muskelmasse Verlust von Muskelkraft Verlust von Ausdauer Muskelschmerzen Gestörtes Gleichgewicht Neigung zu Stürzen Gangunsicherheit Gestörter Muskelaufbau |
Knochenstoffwechsel Knorpelstoffwechsel | Verringerung der Knochendichte Osteoporose Gewichtsverlust Rückenschmerzen Gebückte Haltung Neigung zu Knochenbrüchen |
Östrogenmangel begünstigt Gelenkentzündungen
Am häufigsten entwickeln sich Entzündungen, wenn das Immunsysteme Krankheitserreger oder Schadstoffe bekämpft, die in den Körper eingedrungen sind. Bei Allergien und sogenannten Autoimmunkrankheiten, löst ein übereifriges Immunsystem Entzündungsprozesse gegen eigentlich harmlose Eindringlinge aus, z.B. Pflanzenpollen, oder bekämpft mit ihnen sogar körpereigene Strukturen.
Bei der Entstehung von Entzündungen spielen verschiedene Boten- und Signalstoffe eine wichtige Rolle. Dazu gehören u.a. die Tumor-Nekrose-Faktoren (TNF). Diese werden hauptsächlich von Fresszellen (Makrophagen) ausgeschüttet. Einer der wichtigsten Tumor-Nekrose-Faktoren ist TNF-Alpha. Mehrere Studien zeigen, dass Estradiol (E2) die Freisetzung von TNF-Alpha hemmen kann. Kommt es also bei Frauen in den Wechseljahren zu einem Östrogenmangel, kann diese Hemmung nachlassen. Dadurch kann es wahrscheinlicher werden, dass sich z.B. Gelenkentzündungen (Arthritis) und Gelenkschmerzen entwickeln.11
Ungebremste Botenstoffe schaden den Muskeln
Kann Estradiol den Botenstoff TNF-Alpha nicht mehr ausreichend hemmen, steigt darüber hinaus die Gefahr, dass durch den Entzündungsbotenstoff bestimmte wichtige Proteine in den Muskeln abgebaut werden. Zudem kann TNF-Alpha die Fähigkeit der Muskeln schwächen, auf Überlastung und Schäden in den Muskelfasern zu reagieren. Vermehrt auftretende Muskelschmerzen in den Wechseljahren können die Folge sein. Außerdem kann TNF-Alpha die Ansammlung von Fettgewebe begünstigen.12
TNF-Alpha steuert die körpereigenen Entzündungsprozesse aber natürlich nicht allein. Daran sind u.a. auch sogenannte Inflammasome beteiligt. Diese winzigen Protein-Komplexe sind gewissermaßen die „Alarmzentralen“ in den Zellen. Sie erkennen z.B. Bestandteile von Bakterien oder Stoffe, die von beschädigten Zellen freigesetzt werden. Registrieren Inflammasome solche Gefahrenquellen, aktivieren sie ihrerseits spezielle Proteine, die dann zusätzlich weitere Entzündungsbotenstoffe, sogenannte Interleukine, aktivieren.
Chronische Entzündungen werden wahrscheinlicher
Auch in diesen komplexen Immunprozess können Östrogene eingreifen: Sie können die Aktivität der Inflammasome hemmen. Das hilft, überschießende Entzündungsreaktionen zu verhindern. Vor allem das mit am besten untersuchte NLRP3-Inflammasom wurde in vielen Studien durch Östrogene herunterreguliert.
Das bedeutet: Lässt in den Wechseljahren die Östrogen-Produktion nach, könnte auch an dieser Stelle seine entzündungshemmende Wirkung zunehmend wegfallen. Überschießende und chronische Entzündungsreaktionen können dadurch wahrscheinlicher werden und, wenn sie z.B. die Gelenke betreffen, ebenfalls Gelenkschmerzen verursachen.13
Rückenschmerzen treten häufiger auf
In einigen Studien konnte zudem nachgewiesen werden, dass es auch in den Bandscheiben in der Wirbelsäule winzige Andockstellen (Rezeptoren) für Östrogene gibt. Forschende nehmen daher an, dass es auch hier durch die immer weiter nachlassende Östrogen-Produktion in den Wechseljahren zu Veränderungen bei diesen Andockstellen kommen könnte, und dass genau diese Veränderungen Abbauprozesse in den Bandscheiben und Bandscheibenvorfälle begünstigen könnten.
Ob es sich tatsächlich so verhält, ist wissenschaftlich aber noch nicht abschließend geklärt. Doch es könnte eine Erklärung dafür liefern, warum vor allem Schmerzen im unteren Rücken in den Wechseljahren ebenfalls vermehrt auftreten können.14
Östrogenmangel kann zu Muskelabbau führen
Ergebnisse aus Experimente mit Tieren lassen sich zwar nicht eins zu eins auf Menschen übertragen, können aber erste wichtige Hinweise liefern: Bei Tieren führte nämlich z.B. ein 24-wöchiger Östrogenmangel zu einem 10-prozentigen Verlust an Muskelkraft und zu einer 18-prozentigen Verringerung der Querschnittsfläche der Muskelfasern. Mit anderen Worten: Die Muskeln der Tiere wurden dünner und schwächer.15
Bei Mäusen, denen Forschende zuvor die Eierstöcke entfernt hatten, wurden die Muskeln darüber hinaus schadensanfälliger und sie erholten sich schlechter von Verletzungen, wenn kein Östrogen mehr vorhanden war.16 Studien mit Frauen nach der Menopause haben ebenfalls gezeigt, dass ihre Muskelmasse pro Jahr um 0,6% abnimmt.17
Weniger Energie, mehr oxidativer Stress
Durch den Östrogenmangel kann es in den Muskeln beziehungsweise in den Muskelzellen noch zu weiteren ungünstigen Veränderungen kommen:18,19
- Weniger Energie: Die Mitochondrien in den Muskelzellen, quasi ihre „Kraftwerke“, werden in ihrer Funktion beeinträchtigt. Dadurch steht den Muskelzellen weniger Energie zur Verfügung.
- Weniger Flexibilität: Der Östrogenmangel kann dazu führen, dass die Zellwände der Muskelzellen weniger dehnbar werden, wodurch ihre Funktion beeinträchtigt werden kann.
- Weniger Antioxidantien: In den Muskelzellen sorgen bestimmte Proteine normalerweise dafür, dass bestimmte Sauerstoffverbindungen dort keinen Schaden anrichten können. Infolge des Östrogenmangels nimmt die Zahl dieser Proteine in den Muskelzellen ab. Gleichzeitig führt er dazu, dass die Mitochondrien in den Muskelzellen mehr Wasserstoffperoxid (H2O2) freisetzen, eine chemische Verbindung, die Zellschäden verursachen kann. Die Muskelzellen werden also stärker durch oxidativen Stress belastet.
- Weniger Empfindlichkeit: Die Muskulatur spielt auch eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Blutzuckerspiegels. Durch den Östrogenmangel kann jedoch die Insulin-Empfindlichkeit der Muskelzellen abnehmen. Die Folge: Der Körper kann den Blutzuckerspiegel schlechter steuern und das Diabetes-Risiko nimmt zu.
Gelenke verlieren ihre Stabilisatoren
Diese Veränderungen können auf Dauer dazu führen, dass die Muskulatur von Frauen in und nach den Wechseljahren nicht mehr so leistungs- und regenerationsfähig ist wie davor. Ärzte sprechen dann auch von einer beginnenden Sarkopenie. Diese kann nicht nur Muskelschmerzen und weitere muskuläre Beschwerden verursachen.
Viele Muskeln stabilisieren außerdem verschiedene Gelenke. Lässt diese „Unterstützung“ nach, weil die dafür notwendigen Muskeln infolge des Östrogenmangels schwächer werden, kann das ebenfalls zu Gelenkschmerzen und anderen Gelenkproblemen führen:
- Ungleiche Verteilung: Lassen Muskelkraft und Muskelmasse nach, kann dies zu einer ungleichen Verteilung des Körpergewichts führen. Dadurch können bestimmte Gelenke fehlbelastet oder überlastet werden, wodurch schmerzhafter Gelenkverschleiß (Arthrose) begünstigt werden kann.
- Eingeschränkte Beweglichkeit: Geschwächte Muskeln können bestimmte Bewegungsabläufe nur noch verlangsamt oder unvollständig bewältigen. Auf Dauer können so mit der Zeit ungünstige Bewegungsmuster, Fehl- und/oder Schonhaltungen entstehen, die bestimmte Gelenke ebenfalls überlasten können.
- Fehlende Dämpfung: Muskeln wirken auch als Stoßdämpfer für die Gelenke. Wenn die Muskelmasse abnimmt, fehlt diese dämpfende Funktion, was dazu führt, dass die Gelenke bei alltäglichen Bewegungen mehr Belastungen ausgesetzt sind. Dies kann besonders in den Knie- und Hüftgelenken Beschwerden verursachen.
Östrogenmangel kann Gelenkverschleiß fördern
Ärzte sprechen von Arthrose (Gelenkverschleiß), wenn es in einem Gelenk, z.B. in den Knien, zu einer fortschreitenden Gelenkknorpelabnutzung kommt. Der Gelenkknorpel überzieht normalerweise die Enden jener Knochen, die durch das Gelenk flexible miteinander verbunden werden. Zusammen mit der Gelenkflüssigkeit sorgt der Knorpel also dafür, dass es im Gelenk nicht zu schmerzhaften Knochenabreibungen kommt.
Östrogen reguliert den Knorpelstoffwechsel
Gelenkknorpel besteht zu 95% aus der sogenannten Knorpelmatrix und zu 5% aus Knorpelzellen, den sogenannten Chondrozyten. Diese Chondrozyten sind für den Auf- und Abbau der Knorpelmatrix zuständig. In verschiedenen Untersuchungen stellte sich heraus, dass Östrogene die Arbeitsweise der Chondrozyten steuern kann, weil es im Gelenkknorpel Andockstellen (Rezeptoren) für Östrogene gibt.
Vor allem Estradiol (E2) bringt die Chondrozyten dazu, vermehrt Glykosaminoglykane (GAG) zu bilden. Zu diesen GAG gehört z.B. die recht bekannte Hyaluronsäure, die sowohl dehnbar als auch zähflüssig (viskoelastisch) ist – ideal für ihren Schutzeinsatz im Gelenk.20
Ab der Menopause steigt die Arthrose-Gefahr
Lässt die Östrogen-Produktion aber in den Wechseljahren nach, könnte das auch die GAG-Produktion ungünstig verändern. Das Risiko, dass sich im Gelenk eine Arthrose entwickelt, kann dadurch zunehmen. Aktuelle Übersichtsarbeiten zeigen z.B., dass die Arthrose-Häufigkeit bei Frauen nach der Menopause deutlich zunimmt, während sie bei Frauen, die sich in den Wechseljahren für eine Hormonersatztherapie (HRT) entscheiden, eher abnimmt.21
Es muss allerdings noch in weiteren Studien geklärt werden, wie eine HRT am besten dosiert werden und in welchem Lebensalter sie beginnen sollte, um das Arthrose-Risiko bei Frauen in den Wechseljahren bestmöglich zu senken.
Östrogenmangel kann den Knochen schaden
Ihre Beschreibung hört sich vielleicht so an, aber Knochen sind kein starres Gebilde. Die Knochensubstanz ist ein Leben lang im Umbau. Nur so kann sie sich an körperliche Herausforderungen anpassen und nur so können Knochenbrüche heilen. Dafür sorgen zwei verschiedene Zellen:
- Osteoblasten stellen ständig neues Knochenmaterial her.
- Osteoklasten bauen altes Knochenmaterial ab.
Studien zeigen, dass Östrogene die Aktivität der Osteoblasten fördert, also einen wichtigen Teil zur Knochengesundheit beitragen. In den Wechseljahren scheint dieser Effekt allerdings immer mehr nachzulassen. Durchschnittlich verringert sich die Knochendichte bei Frauen in der Perimenopause um bis zu 10%.22 Weltweit sind schätzungsweise 200 Millionen Frauen nach den Wechseljahren von Osteoporose betroffen. Und 70% aller Knochenbrüche im Bereich der Hüfte treten bei Frauen auf.23
Auch andere Knochenbrüche, z.B. in den Handgelenken oder in der Wirbelsäule treten bei Osteoporose häufiger auf. Solche, wie Ärzte sagen, osteoporotischen Frakturen können schmerzhaft sein und neigen zudem dazu, chronische Schmerzen zu verursachen.
So bleiben die Knochen gesund
Frauen in den Wechseljahren sollten daher gemeinsam in Ruhe mit ihrem Gynäkologen abwägen, ob sie sich für eine Hormonersatztherapie (HRT) entscheiden. In puncto Knochendichte und Knochengesundheit konnten inzwischen mehrere Studien zeigen, dass Frauen in den Wechseljahren durch eine HRT weniger Osteoporose-Knochenbrüche erleiden und ihre Knochendichte im gesamten Skelett erhalten bleibt oder sogar wieder zunimmt.24
Einige Forschende raten zudem dazu, bei Frauen ab 65 regelmäßig ein Osteoporose-Screening und bei Bedarf eine Knochendichtemessung durchzuführen. Bei Frauen in den Wechseljahren mit jüngeren Osteoporose-Betroffenen in der Familie sollte dieses Screening bereits zwischen dem 50. und dem 64. Lebensjahr durchgeführt werden.
Darüber hinaus können verschiedene Nahrungsergänzungsmittel bei Frauen dazu beitragen, die Knochengesundheit zu erhalten. Dazu gehören: 25,26,27
- Calcium
- Vitamin D3
- Magnesium
- Vitamin K2 (Menachinon)
Frauen in den Wechseljahren sollten mit ihrem Arzt besprechen, ob die Einnahme dieser Nahrungsergänzungsmittel für sie infrage kommt. Ein Calcium-reiche Ernährung kann sich ebenfalls positiv auf die Knochengesundheit auswirken. Gute Calcium-Lieferanten sind z.B.:
- Gemüse: Brokkoli, Grünkohl, Rucola, Feldsalat
- Milchprodukte: Hartkäse, Joghurt, Milch, Buttermilch
- Nüsse und Samen: Sesam, Mandeln, Haselnüsse, Sonnenblumen- und Kürbiskerne
- Pflanzliches Protein: Hülsenfrüchte, Tofu, Lupine
- Fisch: Kaltwasser-Fische wie Hering, Makrele, Lachs liefern Vitamin D
Gelenkschmerzen in den Wechseljahren: Wann zum Arzt?
Frauen in den Wechseljahren, die durch hormonelle Veränderungen und den damit verbundenen Östrogen-Mangel Gelenkschmerzen und/oder weitere Beschwerden wie Hitzewallungen, Zyklus- oder Schlafstörungen entwickeln, die sie im Alltag beeinträchtigen und ihre Lebensqualität mindern, sollten sich in jedem Fall an ihre Frauenärztin oder ihren Frauenarzt wenden, um mit ihr oder mit ihm zu besprechen, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
In den allermeisten Fällen kann der Arzt durch gezieltes Nachfragen im Anamnese-Gespräch gut eingrenzen, in welcher Phase der Wechseljahre sich seine Patientin befindet. Die Bestimmung von speziellen Hormonen im Labor ist in der Regel dafür nicht notwendig und wird in den aktuellen Behandlungsleitlinien auch nicht empfohlen. 28,29
Mögliche Therapien in Ruhe abwägen
Bei vielen Beschwerden, die in den Wechseljahren auftreten können, hat sich in zahlreichen Studien eine sogenannte Hormonersatztherapie (HRT) als nützlich erwiesen. Das bedeutet, dass Patientinnen regelmäßig Östrogene (und bei Bedarf weitere Hormone) in einer für sie geeigneten Dosis zu sich nehmen. Dafür stehen Hormone in verschiedenen Darreichungsformen zur Verfügung:
- Oral: Tabletten oder Kapseln
- Transdermal: Gele, Sprays, Pflaster
- Vaginal: Creme, Zäpfchen
Mehrere Studien haben allerdings auch gezeigt, dass eine HRT das Brust- und das Gebärmutterkrebs-Risiko erhöhen kann. Auch Thrombosen (Verstopfungen in den Blutgefäßen) können durch eine HRT öfter auftreten. Diese Risiken sollten Frauen in den Wechseljahren gemeinsam mit ihrem Arzt in Ruhe gegen den belegten Nutzen abwägen.
Pflanzliche Alternativen prüfen
Es liegen tatsächlich einige Hinweise vor, dass bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe, sogenannte Isoflavone, ausgeprägte vasomotorische Beschwerden (Hitzewallungen, Schwitzen) lindern können.
Diese Pflanzenstoffe stecken z.B. in Rotklee, Traubensilberkerze, Mönchspfeffer, Soja oder in der asiatischen Kudzu-Wurzel. Doch vor der Einnahme von Produkte mit Isoflavonen sollten Frauen in den Wechseljahren immer erst mit ihrem Arzt sprechen. Vor allem folgende Punkte gilt es dabei zu berücksichtigen:
- Es gibt sehr unterschiedliche Produkte, deren Qualität und Sicherheit nicht einheitlich ist.
- Es handelt sich um pflanzliche Produkte, die immer erst nach einer gewissen Zeit und bei einigen Frauen gar nicht wirken.
- Es gibt mehrere Arzneimittel, die zusammen mit Isoflavonen ungünstige Wechselwirkungen verursachen können.
Selbsthilfe: Was Frauen gegen Gelenkschmerzen tun können
Wie sehr Frauen die Wechseljahre als körperliche Belastung und Einschränkung ihrer Lebensqualität empfinden, hängt auch davon ab, wie sie selbst diese Lebensphase emotional bewerten.
Steht die Perimenopause vor allem für den Verlust der Weiblichkeit oder eher für den Übergang in eine neue Weiblichkeit?
Sich bei dieser Frage z.B. mit anderen betroffenen Frauen auszutauschen oder sich psychologische oder psychotherapeutische Hilfe zu suchen, kann in vielen Fällen schon eine gewisse Erleichterung bringen.
Du bist, was du isst
Darüber hinaus können Frauen mit einer ausgewogenen und antientzündlichen Ernährung selbst eine Menge tun, um Gelenkschmerzen und weiteren Beschwerden in den Wechseljahren vorzubeugen. Leckere und dazu passende Rezepte haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Eine gute Orientierung kann auch die sogenannte DASH-Diät bieten.30 Die vier großen Buchstaben stehen für „Dietary Approach to Stop Hypertension“, auf Deutsch: „Diätetische Ansatz zum Stopp von Bluthochdruck“. Doch dieser Ansatz wirkt sich tatsächlich nicht nur positiv auf den Blutdruck aus, sondern kann auch das Wohlbefinden in den Wechseljahren verbessern.31
Die wichtigsten DASH-Empfehlungen für jeden Tag lauten:
- Vollkorn und Vollkornprodukte: 7–8 Portionen pro Tag. Eine Portion sind z.B. eine Scheibe Brot, 240 Gramm Müsli oder 120 Gramm gekochter Reis oder 120 Gramm Vollkorn-Nudeln.
- Gemüse: 4–5 Portionen am Tag. Eine Portion sind z.B. 240 Gramm rohes Blattgemüse, 120 Gramm gekochtes Gemüse oder 170 Milliliter Gemüsesaft.
- Obst: 4–5 Portionen am Tag. Eine Portion sind z.B. 120 Gramm frisches oder tiefgefrorenes Obst, 120 Gramm Dosenfrüchte, 60 Gramm Trockenobst oder 170 Milliliter Obstsaft.
- Fettarme oder fettfreie Milchprodukte: 2–3 Portionen am Tag. Eine Portion sind z.B. 240 Milliliter Milch, 240 Gramm Joghurt oder 40 Gramm Käse.
- Fette und Öle: 2–3 Portionen am Tag. Eine Portion sind z.B. 1 Esslöffel weiche Margarine, 1 Esslöffel fettarme Mayonnaise, 1 Esslöffel leichtes Salatdressing oder 1 Teelöffel Pflanzenöl.
- Mageres Fleisch, Geflügel ohne Haut, Fisch: weniger als 2 Portionen pro Tag. Eine Portion sind 85 Gramm gekochtes mageres Fleisch, Geflügel oder Fisch.
- Nüsse, Samen und getrocknete Bohnen: 4–5 Portionen pro Woche. Eine Portion sind z.B. 80 Gramm Nüsse, 1 Esslöffel Samen (z.B. Chia, Kürbis, Sonnenblume oder Leinsamen) oder 120 Gramm gekochte getrocknete Bohnen.
- Süßigkeiten: weniger als 5 Portionen pro Woche. Eine Portion sind z.B. 1 Esslöffel Zucker, 1 Esslöffel Marmelade, 15 Gramm Gummibärchen oder 230 Milliliter Limonade.
- Kochsalz: weniger als 6 Gramm pro Tag.
Diese Lebensmittel in den Wechseljahren lieber meiden:
- Rotes Fleisch (z.B. Rind, Schwein oder Lamm)
- Fettreiches Fleisch (z.B. Schweinebraten oder Hähnchenschenkel)
- Wurstwaren (z.B. Schinken, Speck oder Aufschnitt)
- Fettreiche Milchprodukte (z.B. Käse)
- Fastfood (z.B. Hamburger, Pommes, Pizza)
- Gesalzene Snacks (z.B. Kartoffelchips, Salzbrezeln, Erdnüsse)
- Fertigprodukte (z.B. Mahlzeiten für die Mikrowelle oder aus der Dose)
Bei der Ernährungsumstellung kann z.B. eine Ernährungsberatung, eine Ernährungsmedizinerin oder ein Ernährungsmediziner helfen.
Immer in Bewegung bleiben
Damit Muskeln, Gelenke und Knochen in den Wechseljahren möglichst beschwerdefrei bleiben, sind auch Bewegung und Sport im Alltag enorm wichtig. Sie sorgen dafür, dass alle Strukturen des Bewegungsapparats ausreichend gefordert werden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt daher etwa 20 Minuten Bewegung und Sport am Tag. Ideal ist eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining.
Geeignete Ausdauersportarten sind z.B. Joggen, Walken, Schwimmen oder Radfahren. Aber auch ein längerer Spaziergang mit dem Hund, Gartenarbeit oder Toben mit den Enkelkindern zahlen auf das eigene Bewegungskonto ein. Beim Krafttraining hat sich bei Frauen in den Wechseljahren gezeigt, dass weniger Wiederholungen mit schwereren Gewichten effektiver sind als mehr Wiederholungen mit leichteren Gewichten.32
Frauen in den Wechseljahren, die längere Zeit keinen Sport getrieben haben, sollten zunächst mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt besprechen, wie viel sie sich körperlich zumuten können und welche Sportarten für sie am besten geeignet sind.
Gelassen durch die Wechseljahre
Muskel- und Gelenkschmerzen in der Perimenopause sind also kein unausweichliches Schicksal. Mit der richtigen Kombination aus Bewegung, Ernährung und gezielter Therapie lassen sich diese Beschwerden erfolgreich lindern und die Lebensqualität spürbar verbessern.
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Stand: 09.2024
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